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Philipp Kohlschreiber

© dpa

Australian Open: Matchball in der Morgenstunde

Philipp Kohlschreiber war nach dem Sieg im Fünf-Satz-Krimi und dem Sprung ins Achtelfinale überglücklich. Seinen Gegner Andy Roddick hatte der Bamberger zuvor schier in den Wahnsinn getrieben.

Es würde ein richtungsweisendes Match werden, hatte Philipp Kohlschreiber noch im Vorfeld angekündigt. Der nächste wichtige Schritt in seiner Tenniskarriere, bei dem sich zeigen würde, ob er sich in der Liga der Topspieler etablieren könne. Die Partie gegen den US-Amerikaner Andy Roddick in der dritten Runde der Australian Open kam dem 24-jährigen Augsburger da gelegen, ein Sieg gegen ihn sollte den Beweis liefern. Und er gelang ihm tatsächlich. Kohlschreiber bezwang gestern die Nummer sechs der Setzliste in einer hart umkämpften Partie nach fast vier Stunden mit 6:4, 3:6, 7:6, 6:7 und 8:6.

Der Deutsche steht nun zum zweiten Mal bei einem Grand-Slam-Turnier im Achtelfinale. Kohlschreiber war sichtlich gerührt nach dem Ende eines dramatischen Spieles. „Ich bin überglücklich“, sagte er. „Ich habe jede Sekunde auf dem Platz genossen. Das war hochklassiges Tennis von uns beiden. Jeder hat das Letzte aus sich herausgeholt.“

Dabei schien die Aufgabe schwierig für Kohlschreiber, denn die Aufschlaggewalt des US-Open-Siegers von 2003 ist berüchtigt unter den Tennisprofis. Doch Kohlschreiber fühlte sich „heiß und bereit“, und so agierte er auch vom ersten Ballwechsel der Partie an. Gegen die Asse Roddicks, die zuhauf mit durchschnittlichen 230 Stundenkilometern neben ihm einschlugen, war Kohlschreiber zwar machtlos. Doch sobald er den Ball im Spiel halten konnte, lagen die Vorteile bei der Nummer 29 der Setzliste. Roddick verlegte sich auf das Reinhämmern seines Services und dem Verteidigen an der Grundlinie, der aktivere Spieler war deutlich Kohlschreiber. Er wurde mit dem Gewinn des ersten Satzes belohnt.

Wutentbrannt schleuderte Roddick seinen Schläger gegen seinen Stuhl, und es sollte nicht der letzte Ausbruch des US-Amerikaners an diesem späten Abend in Melbourne bleiben. Denn nach dem Ende des dritten Satzes, den Kohlschreiber mit 11:9 im Tiebreak für sich entschied, verlor sich Roddick bei nahezu jedem Seitenwechsel in lauten Diskussionen mit Schiedsrichter Carlos Ramos. Wüste Beleidigungen wie „Du bist ein Idiot“ und „Dir fehlt die Klasse, um hier zu entscheiden“ gehörten noch zu seinen harmloseren Entgleisungen, von der Ramos jedoch keine ahndete. Nach einer vermeintlichen Fehlentscheidung des Schiedsrichters schien der US-Amerikaner beim Stand von 4:3 kurz vorm Ausflippen zu sein. Doch unter den Augen seines Coaches Jimmy Connors schaffte es Roddick tatsächlich, während der Ballwechsel seine Konzentration wiederzufinden. Der vierte Durchgang ging an ihn.

Für beide Spieler ging der Schlagabtausch in die Verlängerung, kaum einen der 15 000 Zuschauer hielt es in der ausverkauften Rod Laver Arena noch auf seinem Sitz, als Kohlschreiber beim Stand von 5:4 gegen zwei Uhr morgens (Ortszeit) seinen ersten Matchball verbuchte. Mitten im Ballwechsel forderte er den Videobeweis und sorgte damit für einen erneuten Ausbruch Roddicks. Aber der Videobeweis gab dem US-Amerikaner recht. Drei weitere Matchbälle holte sich Kohlschreiber, jeden einzelnen wehrte Roddick per Ass ab. Insgesamt 42 Asse hämmerte er ins Feld, doch dieser Rekord sollte ihm nichts mehr helfen. Den fünften Matchball versenkte Kohlschreiber unerreichbar für Roddick im Feld.

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