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Sport: Bayern zweitrangig

Der Aufstieg ist für St. Pauli wichtiger als der Pokal

Berlin - Die Chancen für den FC St. Pauli stehen schlecht. Nach der 0:1-Niederlage beim Tabellenzweiten Carl Zeiss Jena am vergangenen Samstag beträgt der Rückstand auf einen Aufstiegsplatz sechs Punkte. Und am nächsten Samstag steht das wichtige Spiel gegen Holstein Kiel an, auch ein Konkurrent, der aus der Regionalliga in die Zweite Bundesliga aufsteigen will. Dazwischen kommt heute der FC Bayern München ans Millerntor, zum Halbfinale im DFB-Pokal (20.30 Uhr, live in der ARD) –und zu einem äußerst ungünstigen Zeitpunkt. „Unsere Erfolge im Pokal sind sehr erfreulich. Sportlich und wirtschaftlich, zudem steht der Verein für anderthalb Stunden im nationalen Fokus“, sagt St. Paulis Präsident Corny Littmann. „Aber das ist zweitrangig. Unser wichtigstes Ziel ist der Wiederaufstieg.“

Nur so könnte sich der mit mehr als zwei Millionen Euro verschuldete Verein langfristig konsolidieren, auch wenn die Fernsehgelder aus dem DFB-Pokal natürlich dabei helfen. Dazu kommt das Geld, das der Verein mit der Vermarktung seines Images und der aktuellen Erfolge einnimmt. Ein „Weltpokalsiegerbesieger“-T-Shirt hat seit dem Sieg in der Bundesliga gegen den FC Bayern sowieso jeder Fan im Schrank. Allerdings hängt es dort inzwischen seit vier Jahren. Die aktuellen Renner sind die CD „Pokalfinale“, schaurig-schön besungen von den St. Pauli-Spielern Benjamin Adrion und Marcel Eger, und das T-Shirt „Wir sind Pokal“. Es ist seit dem Sieg gegen Hertha BSC im Dezember im Achtelfinale erhältlich. Burghausen, Bochum, Berlin, Bremen und jetzt Bayern: bei diesen Gegnern steht auf den Plakaten natürlich „Bokalfinale“, und Fußball-Deutschland freut sich über die sympathischen Ideen der lustigen Kicker aus dem Kiez, die sogar den Platz an der noch von Hand zu bedienenden Anzeigetafel versteigert haben. Aktionen des Vereins wie die mit den 10 000 überdimensionierten Händen, auf denen „Bye-Bye Bayern“ steht und die heute am Millerntor verteilt werden, stießen in der Fanszene wegen des zu großen Einflusses von Sponsoren aber auch auf Kritik.

Doch der FC St. Pauli braucht Geld. Selbst wenn der bekannteste Underdog des Landes die Sensation schaffen und die in der Bundesliga kriselnden Bayern besiegen würde – am Saisonende laufen die Verträge einer kompletten Elf aus, und einige Spieler haben schon angekündigt, dass sie trotz allen Kults um den Verein und der einzigartigen Atmosphäre vor durchschnittlich 15 000 Zuschauern nicht noch ein Jahr am maroden Millerntor in der dritten Liga spielen wollen. Immerhin hat jeder Spieler für die Siege gegen Hertha BSC und Werder Bremen insgesamt 20 000 Euro Siegprämie erhalten, gegen den FC Bayern sind 13 000 Euro ausgelobt. Der Favorit aus München bereitet sich auf besondere Weise auf das Spiel vor. Felix Magath lässt seine Spieler auf dem schlechtesten Übungsplatz an der Säbener Straße trainieren, weil der den Bedingungen am Millerntor am nächsten kommt.

Dort „schwankt die Stimmung derzeit von Tag zu Tag“, sagt Corny Littmann. „Alle waren nach der Niederlage in Jena am Wochenende sehr deprimiert. Die Enttäuschung hat sich jetzt ein bisschen gelegt, und gegen die Bayern brauchen wir natürlich keine besondere Motivation. Aber danach ist auch nur wenig Zeit bis zum Spiel gegen Holstein Kiel.“ Der Wiederaufstieg in die Zweite Liga würde dauerhaft doch mehr einbringen als der größte sportliche Erfolg in der Vereinsgeschichte, der Einzug in das Pokalfinale. Den wünscht sich natürlich auch der Präsident, „aber bei allem Optimismus sind wir auch realistisch“.

Ein T-Shirt mit einem Spruch für den Fall, dass St. Pauli heute Abend den FC Bayern mit einer Niederlage nach Hause schickt, ist laut Littmann nicht vorbereitet.

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