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Amerell

© dpa

Belästigungsvorwurf: Ungütliche Einigung zwischen Amerell und DFB

Bundesliga-Schiedsrichter Amerell soll mehrere Personen sexuell belästigt haben, sagt der DFB. Das wollte sich der Schiedsrichter-Ausbilder nicht bieten lassen. Nun schließen DFB und Amerell einen Vergleich.

Schlamm ist reichlich vorhanden, nicht nur auf den vom Schnee befreiten Berliner Straßen, sondern auch im deutschen Fußball. Man darf wohl davon ausgehen, dass sich Manfred Amerell und der Deutsche Fußball-Bund (DFB) auch in Zukunft allerlei an den Kopf werfen werden in der seit Wochen schwelenden Affäre um vermeintliche sexuelle Belästigung. Die Schlacht geht weiter zwischen dem Verband und seinem ehemaligen Schiedsrichter. Zwar schlossen beide Seiten am Donnerstag vor dem Münchner Landgericht einen Vergleich, aber der war nur der juristischen Formulierung nach eine gütliche Einigung.

In diesem Vergleich verzichtete Amerell auf die Unterlassungsklage, mit der er dem DFB untersagen wollte zu behaupten, er habe den Bundesligaschiedsrichter Michael Kempter sexuell belästigt. Im Gegenzug aber musste der Verband noch am Donnerstag die Namen der vom DFB aufgebotenen vier Belastungszeugen und den Inhalt der von ihnen abgegebenen Eidesstattlichen Versicherungen verlesen. Es geschah dies nach dem Ausschluss der Öffentlichkeit, die am Donnerstag gut 200 Personen stark war und fast ausschließlich mit Kameras, Mikrofonen und tragbaren Computern ausgerüstet war.

Der DFB hatte die betreffenden vier Schiedsrichter am Sonntag einer Schar von ausgesuchten Journalisten präsentiert, Amerell aber jede Auskunft und Akteneinsicht verweigert. Aus seinem Umfeld heißt es, sein eigentliches Ziel bei der Anstrengung der Unterlassungsklage sei es gewesen, die Namen dieser vier Schiedsrichter und den Inhalt ihrer Vorwürfe zu erfahren. Zwar muss er über die im Sitzungssaal gewonnenen Erkenntnisse in der Öffentlichkeit bei Androhung einer Vertragsstrafe von 25 000 Euro Stillschweigen bewahren. Der Vergleich aber regelt ausdrücklich, dass Amerell die Namen der vier Schiedsrichter sehr wohl in eine juristische Auseinandersetzung einbringen darf. Es könnte also zu einem weiteren Anstieg auf der nach oben offenen Eskalationsskala kommen – für den Fall nämlich, dass Amerell sich zu einer Verleumdungsklage entschließt. Nicht nur gegen Michael Kempter, sondern auch gegen die vier anderen Schiedsrichter, die angeblich schwere Vorwürfe gegen ihn erhoben haben. Amerell wollte sich dazu nicht äußern, er verließ wie seine drei Anwälte und die Prozessbevollmächtigen des Verbandes das Gericht durch einen Hinterausgang.

Dafür sprach in Frankfurt am Main der DFB-Präsident. „Für den Verband ist klar: Was wir gemacht haben, war richtig“, sagte Theo Zwanziger. Zuvor hatte er für den Fall eine Niederlage im Gerichtsprozess seinen Rücktritt angekündigt. Der angeblich von Amerell belästigte Schiedsrichter Kempter soll schon am Sonntag in Berlin das Zweitligaspiel zwischen dem 1. FC Union und dem MSV Duisburg pfeifen.

Das Rencontre zwischen DFB und Manfred Amerell fand statt in jenem ehemaligen Schwurgerichtssaal, in dem 1943 die Geschwister Scholl vom Nazi-Volksgerichtshof zum Tode verurteilt worden waren. Angesetzt war der Termin für 13 Uhr, aber der Vorsitzende Richter mühte sich nach Kräften, es gar nicht erst zu einer Verhandlung kommen zu lassen. Schon für den Mittwoch hatte er zu einem Gespräch gebeten, „aber da ist uns das Fußballspiel dazwischen gekommen“, das zwischen Deutschland und Argentinien.

Am Donnerstag wurde dann bis um kurz vor drei debattiert, ehe Amerell in den Saal trat, gefasst und doch gezeichnet von den Ereignissen der vergangenen Wochen. Noch vor dem Gerichtstermin hatte er im „Kicker“ unterstellt, Kempter habe ihn „für seine Karriere benutzt“. Und: „Ich unterstelle Kempter, dass er in einer Dreistigkeit lügt, wie ich es in meinem Leben noch nicht gehört habe.“ Solche Formulierungen verbietet ihm auch der am Donnerstag geschlossene Vergleich nicht.

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