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Berliner AK: Die Multikultideutschen

Der Berliner AK will in der Regionalliga bestehen. Dafür soll der türkische Klub deutscher werden

Berlin - Als der Berliner Athletik-Klub 09 vor bald acht Jahren mit dem türkischen Klub BSV Mitte fusionierte, machten einige alte Vereinsmitglieder schnell die Biege. Und jetzt sitzen sie wohl in den Eckkneipen in Reinickendorf vor ihrer Molle und sind doch neugierig. „Inna Rejonallija spieln se jetzte“, würde der eine sagen. „Weß ick doch“, der andere.

Der BAK 09 stand damals wieder einmal kurz vor dem Aus. Der Oberligist konnte die drohende Insolvenz nur durch eine Fusion mit dem Landesligisten BSV Mitte abwenden, der bereits aus den beiden Vereinen BFC Güneyspor und Fenerbahce Berlin hervorgegangen war. Neues Vereinsoberhaupt wurde Mehmet Ali Han, ein reicher Bauunternehmer mit türkischen Wurzeln. Er formte den Berliner AK mit seinem Geld um zu einem deutsch-türkischen Multikultiklub.

Die Sorgen der alten Vereinsmitglieder waren groß, dass ihr Verein nun auch Schlagzeilen schreiben würde, wie es die anderen türkischen Klubs in Berlin taten. Sie sollten Recht behalten. Und waren dann mal weg.

Der Verein stand mit Trainerrauswürfen und Finanzproblemen in der Zeitung, sogar Wettanbieter schlugen Alarm, Spieler des BAK hätten Partien verschoben. Es folgte eine undurchsichtige Kooperation mit dem türkischen Erstligisten Ankaraspor. Der BAK hieß plötzlich Berlin Ankaraspor Kulübü 07. Es gab viel Geld. Und viel Streit. Ein Jahr später wurden die Verträge seitens Ankaraspor wieder gekündigt.

Die Alten schlugen wohl die Zeitung zu und klammerten sich an ihr Bier. Es stand schlecht um ihren Verein, den sie aus der Ferne immer noch verfolgten.

Präsident Mehmet Ali Han dagegen sah einen letzten Ausweg. Die Vereinsstruktur musste deutscher werden. Zudem sollte der BAK zum gesamtberliner Verein werden, der das Berliner Leben auf der Tribüne abbildet. Hierfür fehlte es ihm jedoch an Deutschen. Bald 90 Prozent der Mitglieder waren türkisch.

„Ich fand es schon bemerkenswert, dass er mich da als Deutschen reinholte in einen vermeintlich türkischen Verein“, sagt Ingo Müller, heute zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit. Zudem lief Antje Tiedemann über, die lange Jahre bei Türkiyemspor den professionellen Spielbetrieb organisierte. Die Maßnahmen des Präsidenten zeigten schnelle Erfolge.

Am Ende der vergangenen Saison feierte der Berliner AK, seit April wieder offiziell umbenannt, trotz dritten Platzes den Aufstieg in die Regionalliga, die Erstplatzierten stellten jeweils keinen Lizenzantrag. Parallel stieg Tükiyemspor aus der Regionalliga ab — der BAK ist plötzlich dritte Kraft im Berliner Fußball. Und will es auch dauerhaft bleiben.

Das konnte auch die Alten mal wieder ins heimische Poststadion locken. Und sie staunten nicht schlecht: Die Bratwurst gab es ohne Schweinefleisch und Alkohol war im Stadion verboten. „Aber der Fußball, der war jut“, so der eine.

Bei den Amateuren des VfL Wolfsburg steht am Samstag die Premiere in der Regionalliga an. Der BAK kann die kommenden Aufgaben unter dem neuen Trainer Jens Härtel befreit angehen, denn aufgrund von Reformänderungen gibt es am Saisonende keine Absteiger. „Wir wollen die Zeit zum Einspielen nutzen. Langfristig ist unser Ziel die Dritte Liga“, sagt Ingo Müller. Die Konkurrenz ist groß. Vereine wie Leipzig, Halle oder Kiel protzen mit einem deutlich höheren Budget.

Müller ist in den letzten Tagen viel unterwegs gewesen. In den Bezirken Wedding und Reinickendorf hat er mit den alten Vereinsmitgliedern gesprochen. Der Verein braucht sie jetzt wieder im Stadion. Sein bestes Argument natürlich: die Rejonallija. Sein zweitbestes: Es wird auch wieder Bratwurst mit Schweinefleisch geben. Und sogar Bier.

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