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Sport: Bescheidener Kämpfer

Topalow spielt Remis gegen Anand und will nicht vom WM-Titel sprechen

Es hätte eine historische Schachpartie werden können. Anand gegen Topalow. Neunte Runde. WM in San Luis, Argentinien. Nur mit einem Sieg würde Viswanathan Anand seine Chancen auf den Titel wahren. Doch es gab keinen langen Kampf, sondern die kürzeste Partie des Turniers. Nach nur 17 Zügen forcierte Anand zur allgemeinen Enttäuschung ein Remis. Sein Respekt vor Wesselin Topalow war offenbar größer als das Vertrauen in die eigene Leistungsfähigkeit. Der Inder entschied sich, nachdem er eine halbe Stunde nachgedacht hatte, für eine aus Topalows Sicht unausweichliche Zugwiederholung, anstatt Vabanque zu spielen, was keineswegs chancenlos gewesen wäre. Fünf Runden vor Ende des Turniers scheint Anand sich abgeschrieben zu haben. : „Mit diesem Niveau wäre Wesselin in jedem WMFormat erfolgreich gewesen“, sagte er. Also auch im Gesamt-Duell mit nur einem WM-Gegner.

Dem Bulgaren gefallen solch voreilige Glückwünsche nicht, er fordert mehr Realitätssinn. „Die Medien in Bulgarien tun so, als wäre ich schon Weltmeister.“ Dabei könne sein Zwei-Punkte-Vorsprung schnell verspielt sein. Topalow führt mit 7,5 Punkten vor dem Russen Peter Swidler und dessen Landsmann Alexander Morosewitsch, der nach drei Siegen in Folge fünf Punkte hat, genauso viel wie Anand.

Er habe, sagte Topalow, immer interessante Partien gespielt, aber in jedem Turnier auch welche verloren. Entweder seien die Konkurrenten besser gewesen oder er übermotiviert. Diesmal schien wieder so ein Tag zu sein. Nach wenigen Zügen wirkte Topalows Bauernstruktur wie das Gesicht eines Boxers, der seine Deckung vernachlässigt. Schon nach sieben Zügen klaffte vor seinem schutzbedürftigen König eine Lücke, weil Topalow bedenkenlos seinen g-Bauern vorgeschoben hatte. Kurz darauf ließ er sich auf der anderen Seite einen hässlichen Doppelbauern verpassen. Frühere Meister hätten so eine Strategie aufs Schärfste verurteilt, jetzt sagen Strategen, dass Topalows Vorgehen ein Beispiel modernen Schachs war, in dem konkrete Berechnungen oft bedeutender sind als allgemeine Erwägungen.

Es sei unmöglich, sagte Topalow, dass er in der zweiten Turnierhälfte genauso gut spiele. „Wenn man die Ergebnisse sieht, könnte man denken, ich sei viel stärker als die anderen. Tatsächlich hatte ich in einigen Partien Glück.“ Bescheidenheit ist auch eine Qualität Topalows. Seine Partien in San Luis beweisen: Er beging von allen Spielern die wenigsten Fehler.

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