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Biathlon: Erst zittern die Beine, dann die Nerven

Die erfolgsverwöhnten deutschen Biathleten präsentieren sich am Schießstand in dieser Saison erstaunlich schwach.

Wohl der, die Magdalena Neuner heißt. Neuner, von der Kollegin Andrea Henkel wegen ihrer Schnelligkeit einst mit dem Ehrentitel „Renntier“ bedacht, hat die Gewissheit, zumindest in einer Teildisziplin des Biathlon weltweit führend zu sein. Entsprechend scherte es die Oberbayerin kaum, dass sie beim Weltcup in Oberhof beim Sprintrennen am Freitag drei von zehn Schüssen daneben gesetzt hatte. Trotz schnellster Laufzeit war sie am Ende nur Dreizehnte geworden. Drei Fehler? „Darüber kann ich hinweg sehen“, sagte die 21-Jährige lächelnd. „Ich wollte erst einmal läuferisch zurück in die Spur kommen.“

Das hat sie geschafft, aber selbst die entspannte Wallgauerin ahnte: „Drei Fehler sind schon viel, das könnte besser sein.“ Zumal sie vor dem Saisonstart extrem zuversichtlich war, ihre große Schwachstelle dank fleißiger Hausarbeit im Sommer beseitigt zu haben: Neuner hatte eigens den Sonthofener Sportschützen-Trainer Rudi Krenn zu Rate gezogen, um ihren Anschlag und „einige technische Dinge“ zu optimieren. Sie fuhr nach Oberhof, ließ dort von einem Gewehrbauer den Schaft ihrer Waffe verändern. Das Ergebnis all der Mühen war die pure Zuversicht. „Mittlerweile freue ich mich richtig aufs Schießen, weil ich weiß, dass ich treffen kann“, sagte sie.

Das war Anfang Dezember. Jetzt ist Mitte Januar – und nicht nur die traditionell wacklige Neuner, sondern fast alle deutschen Biathletinnen treffen die schwarzen Scheiben so schlecht wie nie. Bei den zehn Schüssen beim Sprint blieb von den sieben DSV-Starterinnen allein Andrea Henkel fehlerfrei, im Staffelrennen zwei Tage zuvor leisteten sich die Deutschen zwölf Schießfehler. Hier versagten vor allem die Ersatzkräfte Simone Hauswald („Das war indiskutabel, ich war einfach zu aufgeregt.“) und Sabrina Buchholz („Was da passiert ist, weiß ich auch nicht so genau.“) am Schießstand. Beide mussten einmal in die Strafrunde, obwohl in der Staffel sogar dreimal nachgeladen werden kann.

Das Rätselraten ist groß. „Beim Schießen macht man nun einmal keine großen Sprünge, das entwickelt sich kontinuierlich“, sagte Neuner. Sie sollte eigentlich die Anführerin sein, ebenso wie bei den Männern Michael Greis, der wegen Schmerzen im rechten Knie gestern im Sprint nicht starten konnte. Der dreimalige Olympiasieger von Turin leistete sich in der Staffel einen erstaunlichen Hänger und musste einmal in die Strafrunde. Teamkollege Michael Rösch erklärte Erfolg oder Misserfolg beim Schießen tags darauf zu „70 Prozent“ zur Kopfsache. Gestern beim Sprint in Oberhof wurde Rösch Zweiter – ohne Schießfehler. Der Russe Maxim Tschudow siegte mit nur 12,7 Sekunden Vorsprung.

Auch beim 21-jährigen Arnd Peiffer, der mit null Fehlern im DSV-Quartett debütiert hatte und gestern mit einem Fehler auf Rang acht lief, scheint beim Schießen alles in Ordnung. Als Ursache für Schussschwächen ist neben dem mentalen Faktor die körperliche Fitness nicht zu unterschätzen. Schließlich kommen die Athleten von der Loipe mit hohem Puls an den Schießstand und müssen dort schnellstmöglich zur Ruhe finden.

Was bei Greis vor allem verwunderte: Bei seinen Fehlschüssen verfehlte er das Ziel ungewöhnlich weit. „Beim Nachladen hatte ich zittrige Haxen, habe mich zu sehr auf meine Beine konzentriert“, erzählte er. Woraufhin es Alexander Wolf wagte, Greis’ Taktik zu hinterfragen. „Wenn ihm am Schießstand die Beine zittern, vielleicht hat er sich dann auf der Strecke vorher ja einfach übernommen.“

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