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© dpa

Biathlon - Männer: Ernüchternder Abschied

Biathlon-Männercoach Frank Ullrich hinterlässt viel Arbeit – neue Trainer sollen den Erfolg zurückbringen.

Ein paar Mal zuppelte Frank Ullrich noch am Reißverschluss seines Rucksacks herum, wischte sich den Schnee von der Jacke, dann war er so weit. Ein letzter Blick auf den Schießstand, dann packte der 52-Jährige seine Sachen und verschwand mit einem Seufzer: „Das waren also die Olympischen Spiele.“ Ja, das waren sie. Und zumindest für den Biathlon-Bundestrainer wird es keine weiteren geben.

Ehrenbürger des thüringischen Erholungsortes Trusetal ist Ullrich zum Glück schon – denn Anlass zu weiteren Ehrentiteln gab es bei seinem Olympia-Ausstand nicht. Stattdessen standen Thomas Pfüller Tränen in den Augen. Der Sportdirektor des DSV presste den Satz hervor: „Er hat zehn bis fünfzehn Jahre tolle Arbeit geleistet. Ihm kann man jetzt keine Vorwürfe machen.“ Auch die Chance, wenigstens noch eine Staffel-Medaillchen zu ergattern, vergaben die Deutschen im Schneeregen von Whistler – Simon Schempp, Andreas Birnbacher, Arnd Peiffer und Michael Greis wurden hinter Olympiasieger Norwegen, Österreich Russland und Schweden nur Fünfte.

Im Sommer 2008 hatte es zwischen Greis, dem Dreifach-Olympiasieger von Turin, und Frank Ullrich gewaltig geknirscht. Greis forderte mehr Freiheiten bei der Trainingsgestaltung, bekam diese auch zugestanden – und sagte nun: „Ich habe vor zwei Jahren schon angemahnt, dass sich etwas ändern muss.“ Mit Ullrich sei er seither zwar „gut ausgekommen“, ansonsten aber habe einiges im Argen gelegen. Deutschlands Biathleten seien ja lange Zeit erfolgreich gewesen – laut Greis jedoch mit einer ungesunden Konsequenz: „Es gibt zu viele Leute, die sich in dem Erfolg gesonnt haben.“

Erstmals seit 42 Jahren gewannen die deutschen Männer keine Olympia-Medaille

Das ist nun vorbei. Erstmals seit 42 Jahren gewannen die deutschen Männer keine Olympia-Medaille. Vieles ist nun in Bewegung geraten und soll neu strukturiert werden. Ullrich hat die vorsichtig angedachte Stelle als Jugendkoordinator bereits abgelehnt. Mit einem Job als „Cheftrainer Nachwuchs“ könnte er sich dagegen womöglich anfreunden. Fest steht hingegen, dass Frauen-Bundestrainer Uwe Müssiggang künftig den neu geschaffenen Posten des Cheftrainers für Frauen und Männer ausüben wird. Seinen Job soll sein bisheriger Assistent Gerald Hönig übernehmen, als Ullrichs Nachfolger ist dessen einstiger Musterschüler Mark Kirchner im Gespräch.

Aber damit nicht genug. „Beim Schießen haben wir den Anschluss verloren, da besteht dringender Korrekturbedarf“, hatte Pfüller schon vor dem Staffelrennen erkannt, in dem Andreas Birnbacher, der zweite deutsche Läufer, als Erster zum Stehendschießen kam, aber mit zwei Strafrunden alle Medaillenchancen zunichte machte. „Da hat er einen Blackout gehabt. Schade für die anderen“, sagte Ullrich. Nun will Pfüller einen eigenen Schießtrainer ins Team holen. Auch die früheren Biathleten Ricco Groß und Fritz Fischer könnten eingebunden werden. Auf sie alle wartet eine Menge Arbeit. Trotzdem glaubt Frank Ullrich, dass er eine Mannschaft „mit Perspektive“ übergeben wird. Die frischen Schrammen, die sich Athleten wie Arnd Peiffer (22) oder Christoph Stephan (24) einfingen, hakt der Bundestrainer als normal ab. „Olympia ist halt doch eine Nummer größer“, sagt er und verspricht: „Die jungen Burschen werden in Sotschi 2014 auf der Höhe ihres Leistungsvermögens sein.“ Und falls nicht, ist er zumindest nicht mehr dafür verantwortlich.

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