zum Hauptinhalt

Biathlon: Simone Hauswald: Ein Ende nach Gefühl

Die Biathletin Simone Hauswald setzt neue Prioritäten – und hört auf dem Höhepunkt ihrer Karriere auf.

Berlin - Als König Harald V. am vergangenen Samstag in seiner Loge am Osloer Holmenkollen Simone Hauswald empfing, plauderten sie über das Biathlon-Rennen und das Stadion. „Dann haben wir ein Date für Sonntag ausgemacht“, erzählt Simone Hauswald. Es war eine Blödelei, schließlich werden nur die Sieger zur Audienz beim König vorgelassen. Hauswald hatte in Oslo schon Weltcup-Sprint und Verfolgungsrennen gewonnen, doch so verrückt, einen weiteren Sieg im Massenstart anzukündigen, war sie nicht. Doch am nächsten Tag stand sie tatsächlich wieder vor Harald V. „Das ist was Besonderes, weil wir Deutschen ja keinen König haben. Es war ein Gespräch wie unter ganz normalen Menschen, von Du zu Du“, sagt die 30-Jährige.

Ihr Ehemann und Trainer Steffen Hauswald war in Oslo ausnahmsweise mit dabei, auch ihre Eltern und ihr Fanklub aus Gosheim reisten an. „Das Drehbuch war super geschrieben, es war ein grandioser Abschied“, sagt Simone Hauswald über die „Wahnsinns-Tage in Oslo. Das war wie im Traum und doch real.“

Sieben Weltcup-Einzelrennen hat Simone Hauswald in ihrer Karriere gewonnen – drei in der vergangenen Saison, vier in dieser, drei davon in Oslo. Wenige Wochen nach dem Gewinn der Bronzemedaillen im Massenstart und mit der Staffel bei den Olympischen Spielen in Vancouver ist sie in der Form ihres Lebens – und macht Schluss. Heute (12 Uhr, live im ZDF) startet sie beim Massenstart von Chanty-Mansijsk in Sibirien zum letzten Mal in einem Einzelrennen, genauso wie Kati Wilhelm und Martina Beck. Vielleicht kommt sie am Sonntag noch in der Mixed-Staffel zum Einsatz, spätestens dann legt sie ihre Waffe endgültig beiseite.

Am Donnerstag hat Hauswald sich in Russland mit Platz vier schon den Sieg im Sprint-Weltcup gesichert, heute kann die nächste kleine Kristallkugel dazukommen, schließlich führt sie die Wertung im Massenstart an. Im Gesamtweltcup liegt sie mit deutlichem Rückstand hinter Magdalena Neuner auf Platz zwei.

Sieg im Sprint-Weltcup zum Abschluss

In Norwegen herrschte Euphorie, nun fließen im deutschen Quartier in Chanty-Mansijsk die Tränen. „Ich bin schon die ganze Woche nervös“, gesteht Hauswald, „im Team geht es sehr emotional zu. Es vergeht keine Stunde, in der nicht jemand Tränen vergießt.“

Viele verstehen nicht, dass Simone Hauswald ausgerechnet jetzt ihre Karriere beendet. Für sie, die 2009 mit WM-Silber in Pyeongchang, der Heimat ihrer aus Südkorea stammenden Mutter, den ersten großen Erfolg ihrer Karriere gefeiert hat, läuft es schließlich besser denn je. Für Simone Hauswald aber ist genau das der perfekte Moment, um aufzuhören. „Das entspricht meiner Persönlichkeit.“ Selten verließen sich die Menschen auf das, was sie fühlen, sondern würden tun, was von ihnen erwartet wird. Sie aber hört auf ihr Gefühl, das ihr signalisiert, dass es Zeit ist, sich um anderes zu kümmern.

Der Sport war ohnehin nie ihr alleiniger Lebensinhalt. Simone Hauswald beschäftigt sich intensiv mit östlichen Denkweisen, mit Religion und Philosophie. Hermann Hesses „Siddharta“, die Geschichte eines Brahmanensohnes auf dem Weg zu Weisheit und zu sich selbst, zählt zu ihren Lieblingsbüchern. Als sie bei Olympia 2006 in Turin nicht zum Einsatz kam und heulend vorzeitig abreiste, halfen ihr Werke wie Siddharta, um sich aus der Krise zu arbeiten und gelassener zu werden.

Nach 20 Jahren Biathlon geht sie mit Vorfreude in ihr neues Leben. „Als Biathletin kann man schwer Freundschaften pflegen. Und man hat wenig Zeit, mal wegzugehen, weil man immer im Hinterkopf hat, ‚ich muss heim, morgen ist Training’“, erzählt sie. Dafür soll nun mehr Zeit sein. Außerdem wünscht sie sich ein Baby und möchte beruflich ganz neue Wege gehen. Zusammen mit ihrem Physiotherapeuten will sie Coaching-Seminare für Jedermann anbieten, in denen es um das Zusammenspiel von Körper, Geist und Seele geht. Alle drei „waren in Oslo in Harmonie“, sagt Simone Hauswald. Das Ergebnis hat sogar den König beeindruckt.

Helen Ruwald

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false