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Biathlon: Sven Fischer hört auf

Der Mister Zuverlässig des internationalen Biathlons, Sven Fischer, beendet seine Laufbahn. Er bleibt dem Sport aber in anderer Funktion erhalten und hat auch neue Ziele: Heiraten, Haus bauen, Papst treffen.

Erfurt - Der viermalige Olympiasieger aus Oberhof gab heute seinen nicht unerwarteten Rücktritt nach langer Bedenkzeit bekannt. Ab kommenden Winter wird der 36 Jahre alte Familienvater aus Schmalkalden seinen Sport als Experte beim ZDF begleiten.

"Die Entscheidung ist bei mir in den letzten Monaten gereift", sagte der Skijäger. Dass er seinen Abschied im Gegensatz zu Ricco Groß und Katrin Apel, den Franzosen Raphael Poiree und Florence Baverel-Robert oder der Norwegerin Linda Grubben erst so spät verkündete, begründete Fischer so: "Die Entscheidung ist mir nicht leicht gefallen. Mittlerweile bin ich mir allerdings hundertprozentig sicher, dass es der richtige Zeitpunkt ist, einen neuen Lebensabschnitt zu beginnen." Der gläubige Christ hat seiner langjährigen Freundin Doreen einen Heiratsantrag gemacht, will ein Haus bauen und möchte einmal den Papst treffen, der am gleichen Tag wie Fischer Geburtstag hat.

Dutzendweise Siege und Medaillen

Der Thüringer Modellathlet gewann bei vier Olympischen Spielen vier Gold-, zwei Silber- und zwei Bronzemedaillen. Siebenmal stand er bei Weltmeisterschaften auf dem obersten Siegertreppchen, gewann sechs Silber- und sieben Bronzemedaillen. Seit 1993 holte Fischer bei jedem Großereignis mindestens einmal Edelmetall. Dazu kommen 33 Weltcupsiege und 150 Podestplatzierungen. Mehr hat nur der Norweger Ole Einar Björndalen aufzuweisen.

Für Fischers Rücktritt gab es in den vergangenen Monaten mehrere Anzeichen. Erstmals waren Fischers mit Mutter Helga und Vater Willy, der auch sein Manager ist, bei den finalen Weltcuprennen in Oslo und Chanty Mansijsk gemeinsam dabei. Noch nie hatte man den stets fairen und auf Ausgleich bedachten Sven Fischer so aufgebracht gesehen wie beim letzten Rennen auf dem Holmenkollen, als ihn Björndalen unfair aus der Spur drängte und damit Fischers 34. Weltcupsieg verhinderte. Dort gewann der perfekt norwegisch sprechende Skijäger neun Mal und wäre bei seinem letzten Auftritt - was damals nur er wusste - zu gern zum zehnten Mal zur Königs-Audienz gegangen.

Mit der Startnummer in den Kreißsaal

Zudem gabs Änderdungen in Fischers Vorlieben. Noch vor Jahresfrist hatte er als liebste Freizeitbeschäftigung die Jagd angegeben. "Jetzt ist es eindeutig meine Familie. Ich verbringe jede freie Minute mit meiner Frau und unserer Tochter", sagte er schon im Herbst 2006. Endgültig entschied er sich für den Rücktritt beim kürzlichen Familienurlaub im österreichichen Wieselburg mit Doreen und dem inzwischen dreijährigen Töchterchen Emilia-Sophie, die wenige Tage vor dem deutschen WM-Staffelsieg in Oberhof geboren wurde. Deren Geburt war trotz der vielen sportlichen Erfolge der größte Glücksmoment in Fischers Leben, als er während der WM direkt nach dem Verfolgungsrennen mit übergestreifter Startnummer in den Kreißsaal düste. Da konnten ihn in den letzten Tagen auch DSV-Sportdirektor Thomas Pfüller und Bundestrainer Frank Ullrich nicht mehr umstimmen.

Dabei wäre Fischers Laufbahn ohne Frank Ullrich zu Ende gewesen, ehe sie richtig begonnen hatte. Im Herbst 1990, bei der Vereinigung der deutschen Skiverbände Ost und West, blieb für Fischer nach zahlreichen Verletzungsausfällen keine Kaderstelle. In einem mehrstündigem Gespräch mit Sven und seinen Eltern "überzeugte" Ullrich ihn mit einer halben Kadserstelle zum Weitermachen. Diesmal hatte der Bundestrainer kein solches Argument, obwohl er Sven Fischer gern als "Leitwolf" wenigstens noch für ein Jahr im Team gehabt hätte. "Sven muss niemand etwas beweisen, weder sich, noch anderen. Was er geleistet hat, ist phänomenal. Ihn nicht mehr zu haben, ist ein herber Verlust für uns, vor allem für die jungen Burschen, die eine Leitfigur verlieren", sagte der Bundestrainer. (Von Uwe Jentzsch, dpa)

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