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Sport: Bitte recht freundlich!

Langläuferin Evi Sachenbacher gewinnt die Silbermedaille bei den Ski-Weltmeisterschaften – erst das Zielfoto entscheidet

Val di Fiemme. „Wahnsinn“, jauchzte Evi Sachenbacher. Sie hatte, so viel stand fest, gleich in ihrem ersten Wettbewerb bei den Nordischen Ski-Weltmeisterschaften in Val di Fiemme eine Medaille geholt. Und das auch noch im Skiathlon, in einer Disziplin, in der die 22-Jährige aus Reit im Winkl nun wirklich nicht damit gerechnet hatte.

Sechs Minuten später erfuhr Sachenbacher schließlich, welche Medaille sie gewonnen hatte: Die Auswertung der Zielfotografie war abgeschlossen. Eigentlich eine nervenaufreibende Prozedur, doch Sachenbacher war nicht aufgeregt. Denn ob es nun Bronze oder Silber würde nach ihrem furiosen Endspurt, das war der 22-Jährigen letztlich egal. Die Medaille, welche auch immer, war für sie so oder so eine Überraschung. Endlich kam das Zielfoto aus dem Drucker – und wies Evi Sachenbacher als Zweite vor der Russin Olga Sawialowa aus.

Dabei war selbst der Weltmeistertitel für die Oberbayerin in greifbarer Nähe gewesen. Nur 0,6 Sekunden oder eine Skilänge fehlten Sachenbacher auf der Zielgeraden im Stadion Lago di Tesero auf Kristina Smigun. In Abwesenheit der zweimaligen Weltmeisterin Bente Skari, die sich am Morgen krankgemeldet hatte, holte sich die Estin am Tag vor ihrem 26. Geburtstag ihren ersten WM-Titel. Die Freude darüber fiel jedoch vergleichsweise verhalten aus. „Um ehrlich zu sein: Ich mag diesen Wettkampf überhaupt nicht“, sagte Smigun nach ihrem Sieg. „Selbst wenn ich darin Weltmeisterin wurde.“

Ihr Wunsch, dass der erste WM-Skiathlon über fünf plus fünf Kilometer (bisher umständlich Doppelverfolgung genannt) auch der letzte gewesen sein möge, wird jedoch nicht in Erfüllung gehen. Denn diese Form des Skilanglaufs, mehr oder weniger eine Art Formel 1, mit Massenstart, Boxenstopp und Gruppenspurt, ist ein Spektakel für die Zuschauer im Loipenstadion, fürs Fernsehpublikum – und für die Sponsoren. Obwohl Smigun mit 26,1 Sekunden am schnellsten nach fünf Kilometern von den klassischen auf die Skating-Ski umstieg, ist ihr diese Neuheit lästig. Ihr kleines Service-Team sei mit der Präparierung zweier Paar Ski überfordert. „Zu viel Stress, keine idealen Schuhe für beide Skitechniken“, klagte die Estin.

Evi Sachenbacher beklagte sich nicht. „Mir gefällt’s.“ Die klassische Technik mag sie zwar nicht so sehr, und auch beim Massenstart hat sie so ihre Probleme: „Da lasse ich gern andere vorbei.“ Aber Skating und Sprint sind ihre Stärken, mit denen sie schon bei den Olympischen Spielen in Salt Lake City die deutsche Staffel zum sensationellen Sieg geführt und allein Silber gewonnen hatte.

Vielleicht hätte es sogar noch zu mehr gereicht, wenn die Deutsche auf der letzten Runde nicht durch Stürze vor ihr zweimal aus dem Rhythmus gebracht worden wäre. „Heute hatte ich das Gefühl, dass mir ständig jemand auf den Stöcken steht“, sagte Sachenbacher. „Du bist Erste, eine steigt dir auf die Stöcke oder die Ski, und schon bist du Sechste.“ Aber derartige Behinderungen, das weiß auch ihr Heimtrainer Bernd Raupach, „gehören zum Wettkampf“. Sachenbacher büßte dadurch eine günstige Ausgangsposition für den Endspurt ein. Sie lag vor dem letzten Kilometer an sechster Stelle. Dennoch gibt die unverhoffte Medaille im Zwei-Technik-Rennen Sachenbacher nun einen befreienden Schub für die Disziplinen, die ihr noch mehr liegen sollten: die Staffel am Montag, den Sprint am Mittwoch und die 30 Kilometer Skating am Freitag. „Mit der Medaille fällt nun einiges von ihr ab“, meint Cheftrainer Jochen Behle. „Seit Olympia hat viel auf ihr gelastet. Diese Medaille ist ein Vorteil für die nächsten Rennen.“

Hartmut Scherzer

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