zum Hauptinhalt

Sport: Blut in Bewegung

Im Fall Jan Ullrich rechnet die Bonner Staatsanwaltschaft bald mit einem DNS-Abgleich

Berlin - Die Vorentscheidung könnte im Labor fallen. In absehbarer Zeit soll mit den Mitteln der Biochemie geprüft werden, ob ein Teil der beim mutmaßlichen spanischen Dopingarzt Eufemiano Fuentes gefundenen Blutkonserven dem deutschen Radrennfahrer Jan Ullrich zugerechnet werden kann. Dazu braucht die ermittelnde Bonner Staatsanwaltschaft nur zwei Dinge: das Blut aus Spanien und eine Probe von Ullrichs DNS (Desoxyribonukleinsäure), die genetische Informationen enthält. „Wir hoffen, dass wir das Material aus Spanien kurzfristig erhalten, aber kurzfristig ist ein dehnbarer Begriff“, sagte der Bonner Staatsanwalt Fred Apostel. Eine Speichelprobe von Ullrich sei von Schweizer Behörden schon genommen worden. Dann muss nur noch ein Labor beides miteinander vergleichen.

Die DNS-Analyse ist eine der besten Möglichkeiten, um Ullrichs Verstrickung in das spanische Dopingnetzwerk zu prüfen. Ullrich bleiben allerdings noch Schritte, um das zu verhindern. Er könnte Widerspruch dagegen einlegen, dass seine DNS-Probe von den Schweizer Behörden an die Bonner Staatsanwaltschaft weitergeleitet wird. Auch könnte er bei einem abschlägigen Bescheid noch einmal in die Berufung gehen. „Das könnte im schlimmsten Fall zwei Jahre dauern“, sagte Apostel. Die Bonner Staatsanwaltschaft ermittelt seitdem die Jura-Professorin Britta Bannenberg Strafanzeige gegen Ullrich wegen möglichen Betrugs an seinem ehemaligen Arbeitgeber T-Mobile gestellt hat.

An der Zulässigkeit eines DNS-Abgleichs bestehe jedoch kein Zweifel. „Es ist vom Amtsgericht Bonn geprüft worden, ob ein DNS-Abgleich erforderlich ist“, sagte Apostel. Das sei überhaupt erst die Voraussetzung dafür gewesen, um die Schweizer um Rechtshilfe zu bitten. Bei einem sportrechtlichen Verfahren wäre ein DNS-Abgleich jedoch nur dann zulässig, wenn der Athlet seine ausdrückliche Zustimmung gegeben habe. „Es darf keine Zwangsmaßnahme gegen einen Sportler geben, die nicht vorher mit ihm vereinbart worden ist“, sagte Ulrich Haas, Juraprofessor und Sportrechtsexperte an der Universität Mainz.

Deshalb beginnen nun die Profi-Radteams auch damit, ihre Verträge zu verändern. Rolf Aldag, der Sportdirektor von T-Mobile, erklärte, dass der DNS-Abgleich in allen Verträgen hinzugefügt werde. Danach müsse jeder Fahrer bei einem Verdachtsmoment nach Aufforderung der Teamleitung seine Einwilligung zur DNS-Analyse und Freigabe geben. Bei Weigerung erfolgt die fristlose Kündigung sowie eine Forderung auf Rückzahlung des vom ersten Monat an gezahlten Gehalts. Bei einer DNS-Bestätigung des Verdachts sowieso. Bei Gerolsteiner ist dieser Passus noch nicht in den Verträgen enthalten, doch müssen alle Fahrer einen Standardvordruck der AIGCP, der Vereinigung der Profiteams, nachträglich unterschreiben, bei Manipulationsverdacht den DNS-Test freizugeben. Astana verzichtet laut Sportdirektor Mario Kummer auf den DNS-Passus, weil er rechtlich umstritten sei.

Auch Erik Zabel hatte sich schon vor zwei Wochen öffentlich für eine verstärkte Kontrolle der Sportler ausgesprochen. Der Fall Fuentes habe dem Radsport schließlich schweren Schaden zugefügt. Zabel plädiert dafür, dass DNS-Tests obligatorisch werden, und vergleicht die Diskussionen mit denen der Einführung der Bluttests oder der Helmpflicht: „Das gab auch einen Aufschrei unter den arrivierten Fahrern. Heute setzen die Jungen bei jeder Trainingsfahrt einen Helm auf.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false