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Blutdoping

© ddp

Blutdoping: Skiverband tappt noch im Dunkeln

Der neue Doping-Skandal sorgte in Deutschland für helle Aufregung. Top-Stars der Wintersportszene stehen unter Verdacht. "Diese Meldung ist beunruhigend", sagte Michael Vesper, Generalsekretär des Deutschen Olympischen Sportbundes.

Auf den deutschen Sport kommt möglicherweise ein neuer Doping-Skandal noch unabsehbaren Ausmaßes zu. Nach bisher nicht konkretisierten Informationen der ARD sollen insgesamt 30 Sportler Kunden bei einer Wiener Blutbank gewesen sein. Rund zwei Drittel der Athleten, die illegal Blut-Transfusionen vorgenommen haben sollen, stammen angeblich aus Deutschland. Es handele sich "um Biathleten und Skilangläufer, die zumindest zum Teil zur Weltspitze gehören".

Der Deutsche Ski-Verband (DSV) tappt hingegen noch im Dunkeln: "Wir haben keinerlei Anhaltspunkte und keinerlei Namen oder sonstige Hinweise, denen wir nachgehen könnten", sagte DSV-Sprecher Stefan Schwarzbach. Man bemühe sich mit Nachdruck um weitere Informationen. "Das ist ein ähnlicher Stand, wie in der vergangenen Woche. Es war ja angekündigt worden, dass Ross und Reiter genannt werden. Solange das nicht der Fall ist, kann ich mich schlecht dazu äußern. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass von unserer Mannschaft jemand dabei ist", sagte Biathlon-Bundestrainer Uwe Müssiggang. Sein Männer-Kollege Frank Ullrich pflichtete ihm bei: "Das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Für meine Truppe hier lege ich die Hand ins Feuer."

DOSB kündigt Hilfe zur Aufklärung an

Michael Vesper, Generalsekretär des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), zeigte sich hingegen besorgt: "Diese Meldung ist beunruhigend. Aber wir wissen nicht genau, ob sie zutrifft. Wir haben uns bei den österreichischen Behörden erkundigt, ob jemand und - wenn ja - wer aus Deutschland daran beteiligt ist und haben unsere Hilfe zur Aufklärung angeboten."

Einen erheblichen Imageverlust befürchtet der Nürnberger Pharmakologe Fritz Sörgel: "Damit würde der Wintersport den Radsport überholen. Auf einen Schlag zwanzig, das ist schon viel." Namentlich als Kunden nannte die ARD bislang nur Radprofis. Unter anderem sollen Michael Rasmussen (Dänemark), der von der Tour de France ausgeschlossen worden war und ohnehin einer Doping-Sperre entgegensieht, Michael Boogerd (Niederlande) und der zweifache Vuelta-Gewinner Denis Mentschow (Russland) in dem Labor Blutdoping vorgenommen haben.

Biathleten wehren sich

Die Weltklasse-Biathletin Martina Glagow hat beim Weltcup in Ruhpolding alle Spekulationen um Verbindungen zu der Blutbank in Wien zurückgewiesen: "Ich kenne keine Blutbank in Wien und kann für mich die Hand ins Feuer legen, dass ich mit denen keinen Kontakt hatte." Ihre Teamkollegin Andrea Henkel reagierte auf Fragen so: "Ich war einmal in Wien, 2003 für drei Tage Urlaub."

Unabhängig von den ARD-Informationen hatte am Dienstag die Nationale-Anti-Doping-Agentur NADA in das Mannschaftshotel der deutschen Biathleten in Antholz Doping-Kontrolleure geschickt, um je vier deutsche Männer und Frauen zu testen. "Damit hab' ich überhaupt kein Problem. Ganz im Gegenteil: Je öfter, je besser", sagte der dreimalige Olympiasieger Michael Greis über den unangekündigten Besuch.

Der Kanadier Richard Pound, ausgeschiedener Präsident der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA, hatte auf die illegalen Praktiken in der österreichischen Hauptstadt hingewiesen. Nach Informationen des Wiener "Kurier" hatte Pound im vergangenen November in einem Schreiben an den für Sport zuständigen Wiener Staatssekretär Reinhold Lopatka erklärt, es bestünden "gute Gründe", dass die Firma "teilweise Athleten beim Blutdoping unterstützt haben soll. Nach Angaben der Zeitung bestreitet das Unternehmen, Sportlern zu verbotener Leistungssteigerung verholfen zu haben.

Verdächtige Aussagen

Ein Firmen-Sprecher hatte erklärt, sein Unternehmen habe für Plasmawäsche gar nicht die nötigen Geräte. "Blutdoping ist hier nicht erfüllbar", wurde Labor-Geschäftsführer Lothar Baumgartner zitiert. "Das ist absurd. Sie haben hervorragende Bedingungen, bessere und saubere als in der Waschküche bei Fuentes oder in der Uni-Klinik in Freiburg", widersprach Sörgel. Diese Aussagen würden sehr verdächtig klingen. Pound hatte offenbar auf Berichte der deutschen Wochenzeitung "Die Zeit" reagiert, die am 22. November 2007 über angebliche Doping-Machenschaften in Wien berichtet hatte. Laut "Kurier" tauchten in Berichten Namen von Sportlern auf, die sich in der Blutbank angeblich regelmäßig - laut "Kurier" außerhalb der normalen Dienstzeiten am Sonntagmorgen - "aufgefrischt" hätten.

Der Kärntner Richter Arnold Riebenbauer, der nach der österreichischen Doping-Affäre bei den Olympischen Winterspielen von Turin vom Österreichischen Skiverband mit einer unabhängigen Untersuchung beauftragt worden war, widersprach ebenfalls der Darstellung des Labors, für illegale Bluttransfusionen nicht ausgerüstet zu sein. Im Zusammenhang mit der Turiner Affäre waren 2007 mehrere österreichische Skiläufer in den nordischen Disziplinen mit einer lebenslangen Olympia-Sperre belegt worden. (hu/dpa)

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