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Formel 1 - Testfahrt Nick Heidfeld

© dpa

BMW-Sauber: Die Jagd beginnt

BMW-Sauber fühlt sich nach Jahren des Aufbaus in dieser Formel-1-Saison reif für den Angriff auf den WM-Titel – dabei gibt es aber ein großes Fragezeichen.

Beim ersten Einsatz von BMW-Sauber in Australien ging es nicht um Schnelligkeit. Testpilot Christian Klien drehte im 80 Kilometer von Melbourne entfernten Kinslake ein paar Demonstrationsrunden mit seinem Formel-1-Rennwagen. Kinslake gehört jenen Orten, die während der Waldbrandkatastrophe im Februar am schwersten betroffen waren. „Das war extra keine vorher groß angekündigte Aktion, da sollte nur für die wirklich Betroffenen dort sein“, erzählte der österreichische Testpilot. „Es waren vielleicht 200 Leute da. Es war schon sehr beeindruckend zu sehen, wie die sich gefreut haben, mal für ein paar Stunden von ihren Sorgen und Verlusten abgelenkt zu sein.“

Heidfeld will nach neun Jahren endlich den ersten Sieg

Nick Heidfeld ließ sich anschließend von Klien sehr interessiert über diese Aktion berichten. Der 31 Jahre alte Mönchengladbacher gehört zu den eher wenigen Menschen in der Formel 1, deren Horizont deutlich über schnelle Rundenzeiten hinausgeht – was natürlich nicht heißen soll, dass ihn Letzteres überhaupt nicht interessiert. Im Gegenteil, schließlich könnte 2009 durchaus sein Jahr werden. Heidfeld will nach neun Jahren nicht nur endlich seinen ersten Sieg feiern, er sieht sich auch gewappnet für die Umsetzung des großen Plans. Den stellte sein Teamchef Mario Theissen 2006 bei der Übernahme des Teams durch BMW auf – und bekräftigt ihn nun: „Wir wollen diese Saison um den WM-Titel mitfahren. Das haben wir früher gesagt, das sagen wir heute – es gibt keinen Grund, davon abzurücken.“

Für diese Mission präsentiert sich Nick Heidfeld vor dem Saisonauftakt am Sonntag gut vorbereitet. „Meine Fitnesswerte sind besser denn je“, sagt er. „Dadurch, dass wir im Winter weniger Testkilometer absolviert haben als in früheren Jahren, blieb mehr Zeit fürs Fitnesstraining – und die habe ich auch intensiv genutzt.“ Mit einem neuen Ernährungsplan nahm Heidfeld außerdem dreieinhalb Kilo ab und wiegt jetzt nur noch 58,5 Kilogramm. Das ist angesichts des neuen Reglements ein nicht zu unterschätzender Vorteil. Denn je leichter ein Fahrer ist, desto leichter lässt sich auch am Auto trotz des schweren Kers-Systems noch eine gute Gewichtsverteilung hinbekommen.

Neue Technik: Aus Brems- wird Antriebsenergie

Und mit Kers, der Lieblingstechnik von Mario Theissen, die Brems- wieder in Antriebsenergie umwandelt, wird Heidfeld in Melbourne auch am Start sein. Im Gegensatz zu seinem Teamkollegen Robert Kubica. „Robert hat durch seine Größe und sein höheres Gewicht in der Beziehung einen Nachteil“, sagt Theissen. „Er könnte zumindest auf dieser Strecke keine so gute Balance erreichen, das würde die Reifen zu sehr belasten.“

Heidfeld dagegen ist von den Vorteilen überzeugt. Er hofft, durch die etwa 70 zusätzlichen PS, die ihm in jeder Runde für sechs Sekunden zur Verfügung stehen, nicht nur auf bessere Rundenzeiten in der Qualifikation. „Wenn man Kers auf einer längeren Geraden voll einsetzt, sollte das einen Vorteil von 20 bis 25 Meter bringen, und das reicht normalerweise, um ein Auto zu überholen.“ Heidfelds Pro- Kers-Haltung könnte teamintern auch einen psychologischen Vorteil gegenüber Kubica bedeuten. Der Pole ist schließlich dafür bekannt, mit Dingen, die nicht seinen Wünschen entsprechen, nicht besonders gut umgehen zu können. Die neuen profillosen Reifen und das nun erlaubte Verstellen des Frontflügels während der Fahrt sind ebenfalls Dinge, die einen mitdenkenden Fahrer erfordern und somit Heidfeld entgegen kommen sollten.

Streit um den Diffusor der Konkurrenz

Auch der neue BMW dürfte Heidfeld bei seiner Titeljagd nicht im Weg stehen. Die Wintertests haben bestätigt, dass er ganz vorn mit dabei ist. „Im Gegensatz zu den vergangenen zwei Jahren hat dieses Auto von Anfang an gepasst“, sagt Theissen erfreut. Beim Angriff auf den Titel gibt es allerdings ein großes Fragezeichen. Im Streit um die Regelauslegung des sogenannten Diffusors am Unterboden des Konkurrenzteams Brawn GP appelliert Theissen an den Automobil-Weltverband: „Das muss die Fia jetzt dringend klären. Meine Ingenieure sagen, dass das eine halbe Sekunde oder noch mehr pro Runde ausmachen kann.“ Wenn diese Regelinterpretation legal sei, „dann wird weiteren Entwicklungen in diese Richtung Tür und Tor geöffnet, das geht dann ins Uferlose“.

Am Donnerstag wird das umstrittene Teil begutachtet und eventuell dagegen protestiert. Mit einer Entscheidung, die auch das Erreichen der Saisonziele von BMW nachhaltig beeinflussen würde, wäre erst nach dem zweiten Rennen in Malaysia zu rechnen, die Rennergebnisse davor wären unter Vorbehalt. Nick Heidfeld wünscht sich in jedem Fall eine eindeutige Klärung, „denn das kann schon entscheidend für den weiteren Verlauf der kompletten WM sein“. Und da will er ja schließlich ein Wörtchen mitreden.

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