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Sport: Boca Juniors: Die Champions aus dem Hafen

Um die Jahrhundertwende war La Boca noch knallbunt. Im italienisch geprägten Hafenviertel von Bueno Aires wurden die Fassaden der Wellblechhäuser mit Farbresten angemalt, jede Fläche wenige Quadratmeter groß.

Um die Jahrhundertwende war La Boca noch knallbunt. Im italienisch geprägten Hafenviertel von Bueno Aires wurden die Fassaden der Wellblechhäuser mit Farbresten angemalt, jede Fläche wenige Quadratmeter groß. Damals brachten britische Seeleute ein als verrückt geltendes Spiel nach Südamerika: Fußball. Die ersten argentinischen Fußballklubs wurden in La Boca gegründet, unter ihnen River Plate und Boca Juniors, zwei der traditions- und erfolgreichsten Vereine Südamerikas. Boca gewann im vergangenen Jahr mit einem Finalsieg über Real Madrid den Weltpokal. Garant dieses Erfolges war Coach Carlos Bianchi, der am Montagabend von der Internationalen Föderation für Fußball-Historie und -Statistik (IFFHS) in Rotenburg an der Fulda zum Trainer des Jahres 2000 gewählt wurde.

Heute sind die Farben des Stadtviertels verblasst, der Hafen ist voll von havarierten Schiffen. Ein Besuch in Boca kann für Fremde durchaus noch Gefahren in sich bergen, besonders beim Besuch eines Fußballspiels in der Bombonera, dem Stadion der Boca Juniors. Die Gewaltbereitschaft der argentinischen Fußball-Fans ist berüchtigt, immer wieder gibt es bei Auseinandersetzungen Tote, der laufende Spielbetrieb musste schon mal auf politischen Druck hin eingestellt werden. Auch die Polizei, die die größeren Stadien mit Panzerwagen und scharfer Munition bewacht, wirkt mehr Angst erregend als beruhigend.

Wenn Boca in der Bombonera gar gegen River Plate spielen sollte, ist ein Stadionbesuch schon gar nicht zu empfehlen. Der Legende nach handelte es sich bei den beiden verfeindeten Klubs ursprünglich um einen, der jedoch schnell eine Größe erreichte, die die Fußballer vor einige Schwierigkeiten stellte. So entschloss man sich, alle Streitereien durch eine Partie beizulegen, in der dem Sieger das heimische Feld und dem Verlierer das Trikot zugesprochen wurde. Zu diesem Zweck machte man sich auf zum Hafen und entschied, die Farben des Schornsteins des ersten einfahrenden Schiffes zu nehmen: Es war ein schwedisches Schiff mit blauem Schornstein und einem gelben Streifen darauf, wie auch das Trikot der Juniors. River Plate spielt inzwischen tatsächlich in einem anderen Stadtteil - etwas weiter, im wohlhabenderen Norden der argentinischen Hauptstadt.

Bocas große Zeit waren die späten siebziger Jahre, als der Stern des Diego Maradona aufging und der Verein zweimal die Copa Libertadores gewann, den südamerikanischen Landesmeisterwettbewerb. 1982 endet die Ära Maradona mit dessen Wechsel zum SSC Neapel, obwohl die damalige Militärregierung versuchte, dies zu verhindern, indem sie Maradona kurzerhand zum Staatsbesitz erklärte.

Dass die besten argentinischen Spieler den Kontinent verlassen, ist seitdem zu einem dauerhaften Problem geworden: Stars wie Batistuta, Crespo oder Veron verdienen ihr Geld in Europa. Doch Argentinien hat wieder aufgeholt. Nicht nur die Diktatur gehört der Vergangenheit an, sondern auch die Wirtschaftskraft ist gegenüber den 80er Jahren erheblich gestiegen, so dass einige gute Spieler inzwischen gehalten werden können. Trotzdem verdient ein Ersatzspieler bei einem europäischen Spitzenklub wie Real Madrid immer noch mehr Geld als die Topverdiener am Rio de la Plata.

Seit Carlos Bianchi der Technische Direktor der Mannschaft ist, hat Boca endlich, nach drei Meisterschaften in Folge des Erzrivalen River, wieder den Titel geholt. Das war Ende 1999. Es folgte das Finale der Copa Libertadores, in dem Palmeiras Sao Paulo besiegt wurde. Im Endspiel des Weltpokals schoss Martin Palermo beide Tore zum 2:1-Sieg. Spätestens seit diesem Spiel ist der baumlange Stürmer ein Held in den Straßen von La Boca. Das letzte Mal hatte Boca den Weltpokal 1979 gewonnen - mit einem Finalsieg über den Deutschen Meister Borussia Mönchengladbach.

Für Carlos Bianchi war es ebenfalls der zweite Triumph. 1994 hatte er Velez Sarsfield, einen weiteren Erstligisten aus Buenos Aires, zum Sieg geführt. Zum Jahresende krönte Bianchi die Erfolgsgeschichte durch den erneuten Gewinn der Argentinischen Meisterschaft. Damit machte er Boca zur weltweit erfolgreichsten Mannschaft des Jahres. Und sich selbst zum Welt-Klub-Trainer 2000.

Christian Küttler

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