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BVB-Trainer Jürgen Klopp

© reuters

Borussia Dortmund: Der unterhaltsamste Klub der Bundesliga

Dann eben Showmeister: Borussia Dortmund steckt tief in der Krise - dennoch bleibt der Verein das unterhaltsamste Produkt, das die Bundesliga derzeit zu bieten hat.

Sie hatten bei Borussia Dortmund ohnehin schon genug Sorgen mit ihrer sportlichen Krise, ihrem Absturz in der Tabelle auf Platz 16. Und dann auch noch das. Die Führerschein-Affäre um den derzeit verletzten Stürmer Marco Reus wirft ein bezeichnendes Licht auf einen Verein, der kurz vor Weihnachten weit davon entfernt ist, neben dem FC Bayern München „als zweiter Leuchtturm“ des deutschen Fußballs zu erstrahlen.

So hatte schließlich Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke den Anspruch des börsennotierten Klubs einmal beschrieben. Doch die Gegenwart ist düster, das hochkarätig besetzte Ensemble steckt mit 15 Punkten aus 16 Spielen mitten im Abstiegskampf. Heute (15.30 Uhr) geht es im Weserstadion zum Kellerduell bei Werder Bremen. Die Lage bleibt prekär, daran ändert auch der Umstand nichts, dass der BVB in seinen lichten Momenten weiterhin in der Lage ist, mitreißenden Fußball zu spielen. So wie am Mittwoch beim 2:2 gegen den Tabellenzweiten aus Wolfsburg, das zum ebenso temporeichen wie hochklassigen Schlagabtausch wurde.

Das ist das Erstaunliche an der momentanen Lage: Borussia Dortmund bleibt auch in der Krise das mit Abstand unterhaltsamste Produkt, das die Showbranche Bundesliga derzeit zu bieten hat. Waren es bis vor wenigen Monaten noch das fulminante Gegenpressing, das Umschaltspiel und die leidenschaftlich verrichtete Laufarbeit, mit der der BVB europaweit für Aufsehen sorgte, so ist es nun die Art, mit der Trainer Jürgen Klopp und seine Mitstreiter einem Absturz begegnen, den in seinem ganzen Ausmaß niemand schlüssig zu erklären weiß. Nach dem Spiel gegen Wolfsburg verkündete Klopp den neuen Zustandsbericht: „Erstens: Wir leben noch, zweitens, wir können noch Fußball spielen und drittens haben wir das Kämpfen nicht verlernt.“

Aus Borussia Dortmund wird niemand richtig schlau

Aus diesem Klub wird zum Ende des Jahres niemand richtig schlau. Gerade das macht es so attraktiv, sich eingehend mit ihm zu beschäftigen und zu verfolgen, welche Wendung diese Geschichte wohl als nächstes nehmen wird. Was immer die Dortmunder auch auf dem Rasen und außerhalb des Stadions anstellen, bei diesem Fußballverein geht nichts ohne Drama und große Gefühle.

Neben Reus gehörte zuletzt Ciro Immobile zu den Personen, über die im Revier vermehrt gesprochen wurde. Der Stürmer war als Torschützenkönig der italienischen Liga ins Ruhrgebiet geholt worden, den Transfer hatte sich der BVB fast 20 Millionen Euro kosten lassen. Nach Anlaufschwierigkeiten und zahlreichen Spielen auf der Bank sprachen Beobachter schon von einer Fehlinvestition. Davon war nach einem Treffer und einer Torvorlage gegen Wolfsburg jedoch keine Rede mehr. Im Gegenteil: „Ciro hat absolute Qualität“, lobte Klopp, „was der im Strafraum abgezogen hat, ist schon außergewöhnlich.“

Und doch bleibt es ein krasses Missverhältnis, dass die für rund 30 Millionen Euro verpflichteten Immobile und Adrian Ramos in der Liga zusammen weniger Tore zustande gebracht haben als der in Dortmund für unwürdig befundene Julian Schieber allein, der für Hertha BSC Berlin bereits sechsmal traf.

Auch das ist eine dieser kuriosen Wendungen, die Borussia Dortmund kurz vor dem Jahreswechsel im Repertoire hat. All diese Geschichten und Anekdoten werden flankiert von den famosen Zuschauern, die allwöchentlich die Kulisse für das große Kino bilden, das der BVB inszeniert. Als Jürgen Klopp Mittwochabend auf die Unterstützung der Fans zu sprechen kam, endeten seine Ausführungen wieder einmal in einer Eloge, die er mit leuchtenden Augen vortrug: „Es mag der Zeitpunkt kommen, dass ich nicht mehr Trainer von Borussia Dortmund bin. Dann werde ich das am meisten vermissen. So etwas ist weltweit einmalig bei einer Mannschaft, die auf Platz 16 steht.“ Als der 47-Jährige tags darauf gefragt wurde, ob dies so etwas wie die Ankündigung seines Abschieds gewesen sei, winkte er amüsiert ab. „Ich wollte damit nichts andeuten oder vorbereiten.“ Zeremonienmeister dieses Unterhaltungsbetriebs zu sein, darauf hat Jürgen Klopp offensichtlich noch jede Menge Lust.

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