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Boxen: Kurzarbeit für Walujew

Nikolai Walujew bleibt Weltmeister im Schwergewicht. Der WBA-Champion aus Russland bezwang in Basel den Amerikaner Jameel McCline durch technischen K.o. in der dritten Runde.

Basel - Als Pechvogel Jameel McCline mit herausgesprungener Kniescheibe ins Krankenhaus gebracht wurde, setzte Box-Promoter Don King zur Märchenstunde an. Aus dem unerwartet schnellen Sieg von Schwergewichts-Weltmeister Nikolai Walujew Samstagnacht in Basel durch eine Verletzung seines amerikanischen Herausforderers Ende der dritten Runde machte King eine Heldentat, die in der Bedeutung gleich hinter der ersten Mondlandung zu rangieren schien.

Es sei ein vernichtender Schlag von Walujew gewesen, der McCline den Körper verdreht und ihm das Knie auseinander gerissen habe. "Das war eine russische Explosion", ein Schlag "wie eine Atomrakete", eben "ein Kniescheiben-Zertrümmerungsschlag", kreischte der US-Promoter in einem nicht zu stoppenden Redefluss. Um den sich in Rage redenden King nicht im Regen stehen zu lassen, stimmte Walujew ein: "Es war Schlagwirkung. Ich habe McCline im Gesicht getroffen", behauptete der 146-Kilo-Koloss auf Nachfrage, fühlte sich bei der Antwort aber sichtlich unwohl.

McCline muss operiert werden

Fakt ist: Der in 47 Kämpfen unbesiegte 2,13-Meter-Riese bleibt Weltmeister der World Boxing Association (WBA), ohne dass er dafür vor 9000 enttäuschten Zuschauern in der Basler St. Jakobshalle einen echten Leistungsnachweis erbringen musste. Sein 15 Zentimeter kleinerer Herausforderer, der Walujew einige Male traf, erlitt einen Patellasehnenriss im linken Knie und muss in den USA operiert werden. Nach ersten Prognosen wird der Heilungsprozess ein halbes Jahr dauern, womit die Karriere des 36-Jährigen wohl beendet ist. Insgesamt sahen 7,34 Millionen TV-Zuschauer den Kampf in der ARD.

"Jameel hat sich bei einem eigenen Angriff verletzt, er hat bei dieser Aktion überhaupt keinen Schlag bekommen", protestierte dessen Manager Scott Hirsch, hatte aber keine Chance, sich gegen den unentwegt plappernden King durchzusetzen. "I have a dream", predigte der 74-jährige King und wedelte mit russischen und Schweizer Fähnchen. In seinem Traum schlägt "Niko aus St. Petersburg" Wladimir Klitschko k.o., der ohnehin "ein weiches Kinn und kein Herz" habe, wird zum einzig wahren Weltmeister aller Verbände und bringt gar Freundschaft über den Atlantik.

Nächster Gegner: der "weiße Tyson"

Wilfried Sauerland, bei dessen Boxstall der 33-jährige Walujew unter Vertrag steht, lauschte den Ausführungen seines exaltierten Kollegen gesenkten Hauptes ("Ich habe den Grund für McClines Verletzung nicht gesehen") und konnte sich bisweilen das Lachen nicht verkneifen. Die auf vier Kämpfe vereinbarte Partnerschaft mit dem Starkstrom-Promoter aus Übersee läuft mit dem nächsten Kampf aus, doch Sauerland will verlängern. Zwar verdient er dann nur die Hälfte, doch Drahtzieher Don King öffnet seinem deutschen Kollegen weltweit alle Türen, leistet die Vorarbeit für Titelvereinigungskämpfe und für klingende Münze vor allem in den USA. Denn ohne King geht im Profi-Boxen fast nichts, gegen ihn gar nichts.

Als nächstes muss Walujew gegen Pflichtherausforderer Ruslan Tschagajew ran. Der "weißer Tyson" genannte Usbeke aus dem Hamburger Universum-Stall ist zwar enorm schlagstark, hat aber mit einer Körpergröße von 1,86 Meter einen gewaltigen Nachteil. "Bis zum 9. Februar müssen wir uns mit Universum einigen", sagte Sauerland. Gelingt das nicht, geht der Kampf weltweit in die Versteigerung. Eine deutsche Einigung scheint fraglich, denn allein jeder der Fernsehpartner (Sauerland/ARD, Universum/ZDF) will zu seinem quotenträchtigen Recht kommen. Sauerland: "Auf jeden Fall muss der Kampf bis zum 15. April stattfinden. Wir gehen vom 14. April aus." (Von Franko Koitzsch, dpa)

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