zum Hauptinhalt
Alles im Blick. Britta Steffen während der Olympischen Spiele 2012 in London.

© dpa

Britta Steffen im Interview: "Ich bin keine Schwimm-Omi"

Nachdem Weltrekordler Paul Biedermann einen Haken unter die WM-Saison gemacht hat, steht seine Freundin Britta Steffen mehr denn je im Fokus. Die Doppel-Olympiasiegerin von Peking kann die WM-Qualifikation in Berlin gelassen angehen.

Am Wochenende kehren Sie von ihrem privaten und sportlichen Lebensmittelpunkt Halle/Saale nach Berlin zurück. Ist diese Deutsche Meisterschaft daher etwas Besonderes?

Steffen: „Die deutschen Meisterschaften sind immer in Berlin, deswegen bin ich daran gewöhnt. Ich bin alle vier Wochen hier, um in meinem Haus nach dem rechten zu sehen und Freunde zu treffen. Deswegen bin ich nicht wirklich ganz von Berlin weg. Ich sehe Berlin immer noch als meine Heimat, das wird nicht so schnell vergehen. Ich fühle mich da immer noch wohl. Schwedt ist ebenfalls meine Heimat geblieben.“

Ist ein Start ohne ihren pausierenden Lebensgefährten Paul Biedermann etwas anderes als in den Vorjahren?

Steffen: „Nein, das ist nichts anderes, weil ich dieses Jahr auch schon allein zum Beispiel in Eindhoven am Start war. Es ist eben so, dass man mehr abgelenkt ist, wenn man zu zweit ist, weil man sich interessiert, was der andere macht. Diese deutsche Meisterschaft ist wesentlich entspannter und einfacher für mich, weil ich wirklich nur auf mich achten muss.“

Wie gehen Sie diese DM im nach-olympischen Jahr an?

Steffen: „In erster Linie geht es um die WM-Qualifikation. Ich bin die Normzeiten diese Saison schon einige Male geschwommen, das sollte also funktionieren. Es geht darum, Platz eins oder zwei zu belegen, um das WM-Ticket zu lösen.“

Das ist doch nur Formsache, oder?

Steffen: „Selbst wenn Du den Stoff kannst, den Du gelernt hast, kann Dir in einer Prüfungssituation immer irgendetwas passieren. In einer Prüfung ein Blackout, ein Fehlstart beim Schwimmen. Von daher sollte man das nicht auf die leichte Schulter nehmen und immer konzentriert zur Sache gehen.“

Die WM-Normen wurden insgesamt entschärft, dafür muss auch im Vorlauf eine Richtzeit unterboten werden. Wie sehen Sie den neuen Modus?

Steffen: „Einerseits richtig, weil es sollte nicht so sein, dass die Normen so hoch sind, dass sich kaum jemand qualifiziert. Auf der anderen Seite: Die Niederländer fahren mit einem zwölfköpfigen Team, weil deren Norm Platz acht der Olympischen Spiele ist. Aber sie haben andere Möglichkeiten, sind Profis. Diese Frage kann man je nach Perspektive diskutieren und auslegen.“

Wie ist Ihr Eindruck vom neuen Chef-Bundestrainer Henning Lambertz?

Steffen: „Ich kenne ihn ja von früher, wir sind zusammen 2000 in die Nationalmannschaft gekommen. Er als Trainer, ich als Sportlerin. Da habe ich ihn als sehr ambitionierten und motivierten Trainer kennengelernt. So ist er auch in seinem Job jetzt. Das ist schon mal ein guter Anfang. Ich bin gespannt, wie sich das entwickeln wird.“

Was sind die Erwartungen für die WM, persönlich und im DSV-Team?

Steffen: „Wenn ich mich qualifiziert habe, dann will ich auf jeden Fall ins Finale kommen. Aufgrund der zugenommenen Dichte ist dann ein tolles Ergebnis möglich, vielleicht besteht sogar die Möglichkeit, nach einer Medaille zu greifen. Das wäre riesig. Aber nun will ich erstmal einen Schritt nach dem anderen machen. Man hat zu häufig erlebt, dass nichts vorausschaubar und planbar ist. Gerade im Schwimmen sollte man nicht mehr nach Medaillen schauen, sondern die Messlatte anlegen: Wie viel Final- und Halbfinalteilnehmer haben wir dieses Jahr und was kann man ableiten für die nächste WM 2015. Dann kann man eine Aussage treffen und eine Entwicklung sehen, statt von Medaillen zu sprechen, die nach dem letzten Jahr überhaupt kein Thema mehr sind.“

Olympia 2016 hingegen ist weiterhin ein Thema für Sie?

Steffen: „Ja, das ist im Hinterkopf, wenn der Spaß stimmt und die Gesundheit mitmacht.“

Wie erleben Sie Ihr neues Umfeld in Halle/Saale samt Ihrem neuem Trainer?

Steffen: „Frank Embacher ist ein anderer Trainer-Typ als Norbert (Warnatzsch). Er macht andere Trainingspläne. Es ist total schön, dass die Programme schnell vorbei gehen, weil wir sehr viele verschiedene Inhalte schwimmen. Das war bei Norbert anders, da waren verschiedene Standardserien Programm. Aber das war sehr gut, so konnte ich mich von Woche zu Woche vergleichen, welche Fortschritte ich gemacht habe. Ich bin total gespannt, ich weiß nicht genau, wo ich stehe. Ich kenne nur die 54,3 Sekunden (über 100 Meter Freistil) von Eindhoven, die bin ich aus dem Training geschwommen. Wir haben die DM nicht 100 Prozent, aber schon gut vorbereitet. Ich bin gespannt, welche Leistung ich abrufen werde.“

Sehen sie sich mit 29 Jahren als Schwimm-Mutti oder gar als -Oma?

Steffen: „Omi glaub ich nicht, dazu muss ich wirklich erst 40 werden, dass man mich so nennen könnte. Vielleicht wäre Schwimm-Mami treffender. Solange man vorne mitschwimmt und einem weiterhin Respekt entgegengebracht wird, ist man eine von allen. Der Umgang der anderen mir gegenüber ist weiterhin respektvoll, das finde ich schön. Daher mache ich mir keine großen Gedanken ums Alter. So lange ich im Training und Wettkampf immer noch konkurrenzfähig bin, sehe ich viel Erfahrung nicht als hinderlich an.“

Marc Zeilhofer

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false