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© dpa

Bundesliga: Hannovers Trainer Dieter Hecking tritt zurück

Fußball-Bundesligist Hannover 96 und Trainer Dieter Hecking gehen mit sofortiger Wirkung getrennte Wege. Ein prominenter Nachfolger ist bereits im Gespräch.

Von Christian Otto

Das Büro von Martin Kind sieht im Grunde ganz harmlos aus. An dem großen, feudalen Besprechungstisch aber, von wo aus der 65-Jährige die Geschicke seines Hörgeräte-Imperiums und die von Hannover 96 leitet, scheitern in schöner Regelmäßigkeit Fußballtrainer und Manager. Gestern Abend, auch wenn das nicht überraschend kam, erwischte es in Dieter Hecking einen Mann, der immerhin drei Jahre lang auf der Trainerbank des Erstligisten durchgehalten hatte. Am vergangenen Samstag, als die Fans nach dem mageren 1:1 gegen Aufsteiger Mainz 05 noch den Rauswurf von Hecking gefordert hatten, meinte der noch trotzig: „Der Zeitpunkt wird nicht kommen, an dem ich hier aufgebe.“ Nur vier Tage später trat der 44-Jährige sichtlich entnervt zurück. Und zwar „im Sinne von Hannover 96“, wie es Klubchef Kind kühl und sachlich formulierte.

Das üble Spielchen mit den Fans, die auf den eigenen Trainer pfeifen, hatte Hecking seit Monaten ertragen müssen. Weil seine Mannschaft angesichts einer wackeligen Abwehr zur „Schießbude der Liga“ getauft worden war und nach einer völlig verkorksten Saison keine Besserung in Sicht kam, wurde gestern nach nur zwei Spieltagen vor den Toren von Hannover die Zukunftsfrage gestellt. Im Büro von Kind, direkt an der A 7 im beschaulichen Örtchen Burgwedel gelegen, wollte der Vereinschef wissen, wie es zu der andauernd negativen Stimmung im Umfeld von 96 kommen konnte. Jörg Schmadtke war bei dem Krisengipfel auch anwesend. Aber der neue Sportdirektor, der schon bei Zweitligist Alemannia Aachen mit Hecking zusammengearbeitet hatte, ist erst seit zwei Monaten im Amt und noch frei von Kritik. Hecking dagegen, 2006 sogar aus seinem Vertrag in Aachen herausgekauft, hat Spieler, Fans und Offizielle von seiner Arbeit zuletzt nicht mehr überzeugen können.

Für die Mannschaft, von der ein Großteil unter Hecking nur noch wenig Spaß am Beruf hatte, kam dessen Abgang in der gestrigen Kürze unvermittelt. „Als Mensch schätze ich Dieter Hecking sehr. Ich habe lange an ihm festgehalten. Aber jetzt sind wir in einem Delta, das für mich nicht mehr zu erklären ist“, sagte Kind. Bei ihm hatte der Spaß aufgehört, als zum ersten Saisonheimspiel nur 29 000 Zuschauer gekommen waren – und die Mehrheit davon war auch enttäuscht wieder nach Hause geschlichen.

Wer jetzt kommen soll, ist unklar. Ein angebliches Treffen von Schmadtke mit Lothar Matthäus wurde dementiert. Dass Mirko Slomka als möglicher Nachfolger in Frage kommt, wird nicht verneint. Der frühere Schalker Coach hat seine Laufbahn einst als Jugendtrainer bei 96 begonnen und war zuletzt, auch wenn er seinem Freund Hecking nie wehtun wollte, ständiger Gast in Hannovers Arena. Bei der Suche nach einer tragfähigen Lösung wird sich auch der Präsident selbst fragen müssen, warum die Ansprüche in Hannover stets so groß sind und angesichts diverser Entlassungen im Grunde nie richtig Ruhe einkehrt. „Das Bremer Modell mit einem Trainer, der zehn Jahre bleibt, wäre mir auch lieber gewesen“, sagte Kind, der während seiner zwölfjährigen Amtszeit immerhin schon sieben Managern und neun Trainern den Laufpass gegeben hat, gestern zu Heckings angeblich freiwilligem Abschied.

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