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Zeit zu gehen. Kevin de Bruyne spielt künftig wieder in England.

© AFP

Update

Bundesliga-Rekordtransfer: Wechsel von Kevin De Bruyne zu Manchester City nahezu perfekt

Der VfL Wolfsburg lässt Kevin De Bruyne nach England ziehen. Immerhin streicht der Bundesligist für den Belgier eine Rekord-Ablösesumme ein. VfL-Sportdirektor Klaus Allofs dementiert Einigung.

Von Christian Otto

Was könnte man alles für so viel Geld kaufen? Über 3000 VW Golf zum Beispiel. Aber die braucht der VfL Wolfsburg nicht unbedingt, die gibt es mit Hausrabatt billiger. Die Fußball-Tochtergesellschaft wird sich nun viele Gedanken machen über die Verwendung einer Summe, die hierzulande alle Dimensionen sprengt: 75 – Millionen – Euro. So viel überweist Manchester City laut Medienberichten für Kevin De Bruyne. Nach Tagesspiegel-Informationen haben sich beide Vereine am Mittwochabend auf einen Transfer von Deutschlands Fußballer des Jahres geeinigt. Eine Bestätigung stand zunächst aus, es waren jedoch nur noch Formalien zu klären, der Wechsel ist fix.

Auch wenn VfL-Sportdirektor Klaus Allofs am Donnerstag Medienberichte über eine Einigung dementierte. „Stand heute ist er Spieler des VfL Wolfsburg“, sagte er. Allofs bestätigte allerdings Verhandlungen mit dem Klub aus der Premier League. Er machte klar, dass der VfL dem Wunsch des Spielers entsprechen würde, ihn ziehen zu lassen.

Durch Sonderzahlungen könnte die Summe auf 80 Millionen Euro steigen. So oder so ist es eine neue Bestmarke für die Bundesliga, fast doppelt so hoch wie der bisherige Rekord, der erst vor wenigen Wochen aufgestellt worden war, als Roberto Firmino die TSG Hoffenheim für 41 Millionen verlassen hatte, ebenfalls Richtung England, zum FC Liverpool. Die gestiegenen Fernseheinnahmen für die Premier League lassen die Transferausgaben auf der Insel schwindelerregende Höhen erreichen.

Bei De Bruyne wird sich der Schwindel in Grenzen halten, obwohl der 24-Jährige jährlich bis zu umgerechnet 20 Millionen Euro verdienen soll. Der VfL hatte für eine Aufwertung des noch bis 2019 laufenden Vertrages angeblich nur 11,5 Millionen Euro jährlich geboten. Am Bundesliga-Spiel am Freitag gegen Schalke 04 soll De Bruyne schon nicht mehr teilnehmen.

Viele Fans werden das bedauern, aber nicht alle. Am Ende waren viele Beobachter und Beteiligte schwer genervt von dem Transfertheater um De Bruyne. Innerhalb weniger Wochen hatte der Belgier viel von dem Nimbus eines bewunderten Profis eingebüßt, der sich immer voll für sein Team einsetzt. Wer seinen eigenen Verein so lange ohne klares Bekenntnis hinhält und zugleich auf dem Platz erlahmt, hat bei den eben noch begeisterten Fans nur wenige Argumente auf seiner Seite. De Bruyne hat sich zwar ab und zu öffentlich daran erinnert, dass er in Wolfsburg vor gerade einmal anderthalb Jahren die Chance bekommen hat, sein Scheitern beim FC Chelsea vergessen zu machen. Sie ist nach anfänglichen Schwierigkeiten eindrucksvoll genutzt worden. Dass der Emporkömmling bei der nächstbesten Gelegenheit gleich weiterzieht, verursacht Kratzer im aufpolierten Image.

De Bruyne soll in England 20 Millionen Euro pro Jahr verdienen

Die Bundesliga verliert, wenn man es auf seine sportiven Auftritte reduziert, dennoch eine Ausnahmeerscheinung. Aber ist das Gesamtpaket De Bruyne, das sich Manchester City jetzt leistet, wirklich rund 80 Millionen Euro Ablöse wert? Seine Gabe, sich abseits des Rasens zu inszenieren, ist eher zweitklassig. Trainer Dieter Hecking ließ den wortkargen De Bruyne einfach rennen und machen – oft ohne Rücksicht auf taktische Mängel. Er hat ihm einen Sonderstatus eingeräumt, manchmal war kaum zu erkennen, welche Position der lauffreudige De Bruyne eigentlich bekleiden sollte. Hecking bekam dafür gute Leistungen und viele Siege zurück. Dass De Bruyne manchmal vor lauter Ehrgeiz die Bedürfnisse seiner Mannschaftskameraden übersehen hat, ist ihm meistens verziehen worden. (mit dpa)

Vielleicht tut der Wechsel am Ende auch ganz gut. Der VfL Wolfsburg schafft es mit dem Verkauf von De Bruyne, sich von der Leistung eines herausragenden Einzelkönners zu emanzipieren. Vor allem Hecking hat aus Fehlern gelernt. Er hatte bis Anfang 2014 an dem Brasilianer Diego festgehalten, doch mit zunehmendem Misserfolg war der Leistungsträger Diego betriebsintern zum Egoisten und am Ende sogar zum Störfaktor abgestiegen. Dieses Schicksal ist De Bruyne, der umgeben von täglichen Transfergerüchten zuletzt völlig außer Form geraten war, erspart geblieben. Zuletzt hatten seine Tricks und Finten nicht mehr so richtig funktioniert.

Der millionenschwere Abschied von De Bruyne bleibt für den VfL Wolfsburg mit der Frage verbunden, wie traurig oder glücklich er nach dem Rekordtransfer eigentlich sein soll. Es ist unbestritten, dass der Abgang des begnadeten Mittelfeldspielers in sportlicher Hinsicht ein herber Verlust ist. Andererseits dürfte der Verkauf von De Bruyne einem Verein wie dem VfL, dessen Image über Jahre nur durch hohe Budgets und Transfers in Serie geprägt war, auch sehr gut tun. Die Niedersachsen stoßen im Duell mit der Premiere League an finanzielle Grenzen, müssen das aber nicht als Niederlage verkaufen. Sie können von sich behaupten, ein wenig normaler und vernünftiger geworden zu sein. Sie werden mit einer einzigen Überweisung aus Manchester für Jahre ihre Sorge los, gegen das Financial Fairplay-Reglement der Uefa zu verstoßen, die Klubs ein gesundes Verhältnis zwischen Einnahmen und Ausgaben vorschreibt. Plötzlich ist Wolfsburg nicht mehr dieser Verein, der immer nur viel Geld ausgibt. „Wir wollen uns als Verein insgesamt weiterentwickeln“, beteuert VfL-Geschäftsführer Klaus Allofs. Zu diesem Prozess gehört, die ganz großen Buchungsposten nicht nur im Soll verzeichnen zu müssen. Man muss ja nicht gleich alles wieder in Neuwagen investieren.

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