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© dpa

Champions League: Mutprobe mit bengalischen Feuern

Der VfL Wolfsburg will in Istanbul den tristen Liga-Alltag vergessen lassen.

Von Christian Otto

Zu den eher unangenehmen Reiseerfahrungen zählen für den VfL Wolfsburg wohl jene vom Atatürk-Flughafen. Reihenweise werden Offizielle und Fans, die grün-weiß geschmückt in die Türkei einreisen, vom freundlichen Sicherheitspersonal und den redseligen Taxifahrern mit ihren Konterparts vom SV Werder Bremen verwechselt. Das dürfte allerdings das kleinste Problem des Deutschen Meisters werden, der am Montagmittag in Istanbul eingetroffen ist, um die Last des grauen Alltags in der Bundesliga abzuschütteln und sich auch international einen Namen zu machen. Das heutige Champions-League-Spiel bei Besiktas Istanbul (20.45 Uhr, live bei Sky) wird allerdings alles andere als leicht.

„Wir spielen einen ordentlichen Fußball“, sagt Armin Veh – die Leistungen seiner Mannschaft waren zuletzt jedoch wenig meisterlich. „Veh: 1 Vehler“ stand auf einem Transparent, das Wolfsburger Fans zuletzt beim 3:3 des VfL gegen Mainz 05 aufgehängt hatten. Sie wollten dem VfL-Trainer wohl ein wenig Ballast mit auf die Reise an den Bosporus geben. Der Respekt vor der Arbeit eines Mannes, der eine der schwierigsten Aufgaben in der Bundesliga abbekommen hat, schmilzt dahin. Armin Veh wird an der meisterlichen Arbeit seines Vorgängers Felix Magath gemessen – worauf er von Tag zu Tag granteliger reagiert. „Früher hat man sich über Platz sieben in der Bundesliga gefreut“, sagt der Mann mit dem Drei-Tage-Bart und fügt mit bitterer Ironie an, dass ja früher ohnehin alles viel besser war. Er meint unter Magath, sagt es aber natürlich nicht.

Früher war es zumindest so, dass sie in Wolfsburg eine Mannschaft voller Spielfreude und Selbstvertrauen mit viel Geld bezahlt haben. Im Moment wird angesichts der mittlerweile besser dotierten Verträge noch mehr Geld in fast dasselbe Team investiert, das aber sogar das genügsame Publikum der Niedersachsen gegen sich aufbringt. „Ich kann die Leute verstehen, wenn sie sauer sind und uns auspfeifen“, sagt Spielmacher Zvjezdan Misimovic, der sich und seinen Kollegen in Istanbul noch einmal vorgerechnet hat, worum es bei dieser Dienstreise geht. Besiktas zählt im türkischen Fußball zu den besseren Verfolgern von Tabellenführer Fenerbahce Istanbul. Und auch wenn das Team in der Gruppe B der Champions League bislang sieglos ist, muss es auf dem Weg in die Endrunde von den derzeit auf dem zweiten Rang liegenden Wolfsburgern erst einmal abgeschüttelt werden. Außerdem ist man bei Besiktas, das mit Fabian Ernst und Michael Fink zwei rustikale Abräumer mit deutscher Ausbildung beschäftigt, mächtig stolz auf sich selbst und die hitzige Atmosphäre im heimischen Inönü-Stadion. „Man merkt, dass den Wolfsburgern das Selbstvertrauen fehlt. Die werden sich hier auf etwas gefasst machen müssen“, sagt der frühere Frankfurter Fink und hat den wunden Punkt des VfL schnell gefunden. Neben Grafite, der wegen seiner Roten Karte beim 0:0 im Hinspiel gesperrt ist, suchen mehrere Wolfsburger Profis ihre verlorene Spielfreude. Und aus der aktuellen Mannschaft besitzen nur der Nigerianer Obafemi Martins und der Portugiese Ricardo Costa Erfahrung in der Champions League.

Bengalische Feuer, fanatische Anhänger, Rustikales auf dem Rasen: Es gibt bessere Rahmenbedingungen für Veh als die in Istanbul, um sein strauchelndes Meisterteam wieder aufzupäppeln.

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