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Sport: Chelsea spricht sich Mut zu

Michael Ballacks Team liegt in der englischen Meisterschaft nun schon fünf Punkte hinter Manchester

Von Markus Hesselmann

Die kurze Schockreaktion ging in ein wildes Gezappel über. Avram Grant drehte sich vom Spielfeld zur Bank und gab Andrej Schewtschenko mit Händen und Füßen zu verstehen, dass er ihn jetzt doch noch brauche. „Los, los, mach dich fertig“, brüllte Grant in das Getöse im Stadion des FC Chelsea. Soeben war eine Nachspielzeit von drei Minuten angezeigt worden. Und fast im selben Moment war der Ausgleich für den Außenseiter Wigan Athletic gefallen. Grant sah Chelseas Chance auf die Meisterschaft schwinden und verband seine letzte Hoffnung mit dem ukrainischen Stürmerstar, der den Großteil der Saison auf der Bank verbracht hatte. Schewtschenko kam, doch vergebens. Es blieb beim 1:1. Schewtschenko lief vom Strafraum geradewegs in den Spielertunnel. Hinter ihm verschwand Michael Ballack kopfschüttelnd. Während Wigans Spieler und Fans den nun fast sicheren Klassenerhalt feierten, liegt der Tabellenzweite Chelsea vier Spieltage vor Saisonende bereits fünf Punkte hinter Manchester United zurück. Am Sonntag hatte sich der FC Arsenal mit einem 1:2 beim Spitzenreiter um die letzten, kleinen Titelhoffnungen gebracht.

„Wir sind weiter im Rennen“, sagte Grant nach dem Spiel. „Aber wir brauchen jetzt noch ein schlechtes Ergebnis von Manchester United.“ Das Wörtchen „noch“ deutet darauf hin, dass Chelsea zumindest einen Teil der Aufholjagd aus eigener Kraft schaffen kann. Denn in zwei Wochen kommt der Tabellenführer nach London ins Stadion an der Stamford Bridge. Doch Manchester United, das derzeit überragende Team um Superstar Cristiano Ronaldo, müsste dieses Spiel und noch ein weiteres verlieren. Chelsea aber dürfte keinen Punkt mehr abgeben.

Schon am Donnerstag muss Chelsea in einem vorgezogenen Spiel beim FC Everton ran. Torwart Petr Cech sieht darin sogar einen kleinen psychischen Vorteil: „Wenn wir am Donnerstag gewinnen, sind es nur noch zwei Punkte Abstand und es steigt der Druck auf Manchester, am Samstag siegen zu müssen“, sagte Cech. Manchester United tritt dann bei den Blackburn Rovers an.

Einen weiteren Vorteil hatte sich Trainer Grant schon gestern Abend von der überraschenden Rückkehr Cechs erhofft. Der tschechische Torwart hatte sich im Training eine tiefe Wunde unter dem Mund zugezogen und spielte mit einem speziellen Kinnschutz – neben dem Kopfschutz, den er seit seiner schweren Schädelverletzung in der vergangenen Saison ohnehin trägt. Chelseas Stadionsprecher kündigte ihn als Petr Zorro Cech an, britisch humorig, aber nicht ganz korrekt, denn eine Augenmaske trug Cech nicht.

Der Torwart wirkte nach seiner Spielpause nicht immer sicher, verhinderte aber kurz vor Schluss mit einer Parade gegen den eingewechselten Antoine Sibierski zunächst den Ausgleich für Wigan. Beim Kontertor von Emile Heskey war er dann machtlos. Die Führung für Chelsea hatte Michael Essien zehn Minuten nach der Pause erzielt. Vor allem die Einwechslung Joe Coles hatte Chelsea in der zweiten Halbzeit geholfen. Der englische Nationalspieler überzeugte mit Dribblings und schnellen Flügelläufen. Auch Michael Ballack arbeitete unermüdlich und hatte gute Szenen. Sein Mittelfeldpartner Frank Lampard war kurz vor dem Spiel ausgefallen. „Er hatte private Gründe, ich möchte es dabei belassen“, sagte Trainer Grant. Britische Zeitungen schrieben gestern, dass Lampards Mutter schwer erkrankt sei.

Chelseas Stürmerstar Didier Drogba fehlte wegen Kniebeschwerden. Doch Petr Cech wollte weder sein eigenes Handicap – „der Gesichtsschutz behindert mich nicht“ – noch eines der anderen Probleme als Entschuldigung gelten lassen. „Wer Meister werden will, braucht einen großen, starken Kader, um Ausfälle auszugleichen. Wir haben einen solchen Kader.“ Mut machte Chelsea auch ein Spieler des Gegners: „Es ist noch nicht gelaufen“, sagte Wigans österreichischer Verteidiger Paul Scharner. „Manchester United muss ja noch bei uns spielen.“

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