zum Hauptinhalt

Sport: Daheim und unterwegs

Von Christoph Daum Eigentlich wollen wir hier ja vor allem über Leidenschaft und Begeisterung sprechen, über taktische und technische Finessen. Doch heute gönnen wir uns mal einen Blick auf die Statistik, genauer: auf den Zusammenhang zwischen dem Austragungsort eines Turniers und dem Gewinner.

Von Christoph Daum

Eigentlich wollen wir hier ja vor allem über Leidenschaft und Begeisterung sprechen, über taktische und technische Finessen. Doch heute gönnen wir uns mal einen Blick auf die Statistik, genauer: auf den Zusammenhang zwischen dem Austragungsort eines Turniers und dem Gewinner. Demnach bestünde eine Wahrscheinlichkeit von 80 Prozent, dass der neue Weltmeister - aus Asien kommt.

So wird es kaum sein, Südkorea und Japan sind noch nicht so weit. Aber unbestreitbar wirkt beim Fußball der Heimvorteil, gerade bei Weltmeisterschaften. Sechzehn Turniere gab es, sechsmal blieb der Pokal beim Veranstalter, achtmal kam die Heimmannschaft ins Finale. Zwei Ausrichterteams schafften es auf Platz drei, weitere vier bis ins Viertelfinale. Vierzehnmal kam der Weltmeister aus dem Kontinent, auf dem gespielt wurde. Zweimal nicht: 1994 gewann Brasilien in Nordamerika, 1958 in Schweden - gegen Schweden.

Für auswärtige Mannschaften ist eine WM an fernen Orten eine massive zusätzliche Belastung. Die Spieler müssen sich, trotz weitgehender Abschirmung und eigener, mitgereister Köche, mit den Gepflogenheiten und Eigenheiten des Gastlandes abfinden. Die Zeitumstellung bringt den eigenen Rhythmus durcheinander, der Klimawechsel belastet die Gesundheit, die heimischen Zeitungen gibt es zum Frühstück nur als Fotokopie, im Fernsehen läuft nicht das volle Programm, es fehlen gewohnte Lebensmittel, es wird anders gesprochen und manchmal sogar geschrieben. Die fremden Stadien schließlich sehen die meisten Spieler hier zum ersten Mal. Das Gefühl, völlig fremd zu sein, verunsichert sie.

Im Stadion selbst geht es weiter: Die Schiedsrichter pfeifen, obwohl sie es stets bestreiten, den Gastgebern gegenüber unbewusst wohlwollender. Die Heimzuschauer können eine Stimmung aufbauen, die ihre Mannschaft zu höchstem Einsatz treibt, umso mehr, wenn sie nichts zu verlieren hat. Gerade Südkorea demonstriert dies eindrucksvoll, und selbst die mehr zurückhaltende Euphorie der Japaner spornt das eigene Team zu außergewöhnlichen Höchstleistungen an. Dazu kommt: Das Heimteam hat sich oft länger an den Spielorten vorbereiten können, in Korea und Japan wurden in diesem Jahr sogar die Ligen früher beendet. Die Spieler des Gastlandes können sich einfach wohler fühlen und befreiter, leidenschaftlicher spielen, bei technisch und taktisch vergleichbaren Teams ein großer Vorteil. Ausgleichen können die Gäste den Heimvorteil nur, wenn sie in allem anderen überlegen sind. Aber selbst das reicht nicht immer.

Der Fußballlehrer Christoph Daum analysiert an dieser Stelle täglich die WM.

NAME

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false