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Sport: Damen-Masters: Die letzte Gartenparty

Nach der Pokalübergabe kam das Räumkommando. Fleißige Helfer entfernten alles, was im Madison Square Garden an Tennis erinnert.

Nach der Pokalübergabe kam das Räumkommando. Fleißige Helfer entfernten alles, was im Madison Square Garden an Tennis erinnert. Als Martina Hingis und Monica Seles im Presseraum ihre Statements abgaben, war es um das Frauen-Masters geschehen. Raus mit dem Netz und dem blauen Teppichboden, rein mit dem Parkett. Drei Stunden später spielten in der Arena die Basketballer New York Knicks gegen die Golden State Warriors.

Das Turnier wandert in die Münchner Olympiahalle, doch der Abschied vom Tennis-Pausenfüller schmerzte die New Yorker nicht besonders. Einzig und allein Martina Hingis vergoss im halb gefüllten Garden Tränen. Weil die Schweizerin nach einem Marathon-Finale fix und fertig war. "Die Erleichterung war riesengroß, keine Bälle mehr schlagen zu müssen", gestand die 20-Jährige nach ihrem zweiten Masters-Triumph nach 1998, "daher die Emotionen."

Die Weltranglistenerste benötigte 2:21 Stunden, um die Amerikanerin Monica Seles mit 6:7 (5:7), 6:4, 6:4 in die Knie zu zwingen. Es war eine wichtige Tennis-Mission, und deshalb gab Hingis auch nicht auf, als sie im zweiten Satz nach einem Aufschlagverlust scheinbar aussichtslos mit 2:4 im Rückstand lag. "Mein Service hat mich in diesem Moment im Stich gelassen, und Martina hob ihr Spielniveau an", lobte Seles, "dies zeichnet einen Champion aus." Und Hingis lag viel daran, beim inoffiziellen fünften Grand-Slam-Turnier wie ein Champion aufzutreten. Aber nicht, weil der Erfolg mit 500 000 Dollar Siegprämie versüßt wurde. "Überall musste ich lesen, dass ich dieses Jahr kein Grand-Slam-Turnier gewinnen konnte", sagte die Siegerin, "ich denke, dass ich es nun endlich verdient habe, als Nummer eins respektiert zu werden."

Darum ging es also. Da Venus Williams in den vergangenen Monaten mit Triumphen in Wimbledon, bei den US Open und Olympischen Spielen die Schlagzeilen bestimmte und als beste Spielerin der Tour gehandelt wurde, fühlte sich die ehrgeizige Hingis herausgefordert. Der Sieg war gut für das Selbstbewusstsein der Schweizerin, die in diesem Jahr insgesamt neun Turniere gewann. "Darunter war immerhin auch Key Biscayne, und ich denke, es kommt bei einer Nummer eins auf die Konstanz in einem ganzen Jahr an", meinte Hingis mit einem Seitenhieb auf Williams, die weit weniger Turniere spielte (neun gegenüber 19 von Hingis) und wie Schwester Serena beim Masters fehlte.

Die frühere Weltranglistenerste Monica Seles sah sich außerstande, die Nummer eins des Jahres 2000 zu bestimmen. "Das kommt darauf an, welche Bewertungsmaßstäbe man anlegt", sagte die Amerikanerin, "nimmt man die Grand Slams, ist es Venus. Über das ganze Jahr gesehen, liegt Martina vorn." Und es dürfte in Zukunft schwer fallen, jene von der Poolposition zu verdrängen. Während Vater Richard Williams ankündigte, ohne Antrittsgelder und Gewinnbeteiligung die Auftritte seiner Töchter auf der WTA-Tour zu reduzieren, wird Hingis weiterhin fleißig Punkte sammeln. "Ich liebe es, viele Matches und Turniere zu spielen", sagte die 20-Jährige, die sich noch keine Ruhepause gönnt. In São Paulo und Santiago wird sie zwei Schau-Auftritte gegen ihre Doppelpartnerin Anna Kurnikowa absolvieren. Erst danach ist Urlaub angesagt.

Noch bevor die Umbauarbeiten im Madison Square Garden beendet waren, machte sich die Schweizerin im Leder-Minirock und Stiefeln auf den Weg ins New Yorker Nachtleben. "Ich habe einige Pfund verloren, da kann ich ein gutes Abendessen vertragen", scherzte die letzte Garden-Siegerin. Immerhin 24 der 30 Masters-Turniere wurden hier ausgetragen. Zu den zwei unter der Decke hängenden Bannern mit den Namen Martina Navratilova und Steffi Graf wird der von Hingis nicht dazukommen, weil der Umzug des Masters nach München feststeht.

Stefan Liwocha

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