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Oliver Bierhoff, 43, ist seit 2004 Manager der deutschen Nationalmannschaft. Als Spieler erzielte der Stürmer in 70 Länderspielen 37 Tore. Sein wichtigstes Tor schoss er im EM-Finale 1996 in der Verlängerung zum 2:1-Sieg. Kürzlich bestand Bierhoff auch die Prüfungen für den B- und A-Trainerschein. Foto: dpa

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Sport: „Das geben wir nicht ab“

Manager Oliver Bierhoff rechnet nach dem Erfolg in Wien mit dem Gruppensieg

Herr Bierhoff, es sah wackelig aus, was die deutsche Nationalmannschaft gegen Österreich anbot. Haben Sie eine Erklärung dafür?

Typisch deutsch gespielt, könnte man sagen (lacht). Nein, ein Unentschieden wäre sicher das korrekte Ergebnis gewesen. Die Österreicher haben gut gespielt, wir haben es ihnen häufig aber auch leicht gemacht, durch unnötige Ballverluste. Wir haben keine Ruhe ins Spiel gebracht, und dann wird es eben schwer.

Ist so ein derart wackeliges Spiel typisch für ein Saisonende, an dem die Kräfte schwinden?

Es gibt ja nicht nur eine Komponente, dass so ein Spiel dann nicht so läuft, wie man es will. Man hat schon ein bisschen die fehlende Frische bei den Spielern gemerkt. Es war eine lange Saison für viele, auch eine herausfordernde. Dann haben drei Stammspieler gefehlt, auch Sami Khedira war nach seiner Verletzung nicht im Vollbesitz seiner Fähigkeiten, das hat man ja gesehen. Diese vielen Fehlpässe und zum Teil hohen Bälle, die wir sonst gar nicht spielen, zeugen von fehlender Sicherheit und fehlender Spannung.

Sagen Sie und das Trainerteam nun Schwamm drüber, oder folgt eine knallharte Analyse?

Analysieren müssen wir immer, auch gerade wenn es gut läuft. Schwamm drüber würde ich jetzt nicht sagen, aber man muss mit einem solchen Spiel auch mal leben können. Vergessen wir nicht, da war ja eine sehr junge Mannschaft auf dem Platz, sieben U-21-Spieler hatten wir heute dabei. Denen muss man so ein Spiel auch mal zugestehen. Die Fehler werden wir schon klar aufzeigen, aber die auch einzuordnen wissen.

Haben Sie die Österreicher unterschätzt?

Nein, nein. Das weiß ich aus meiner Zeit als Spieler auch noch: Da kommt der eine oder andere Fehlpass, dann fehlt die körperliche und geistige Frische. Man hat gesehen, dass es selbst in unbedrängten Situationen unsaubere Pässe gab. Und solche Dinge machen für uns ein Spiel schwierig.

Mario Gomez dagegen hat einen persönlichen Festtag erlebt. Was sagen Sie zu seinen beiden Toren?

Die Situation war ja wie gezeichnet, dass er jetzt hier in diesem Stadion, in dem ihm vor drei Jahren das Missgeschick mit der vergebenen Torchance unterlaufen ist, zu dieser Form aufläuft – und die beiden entscheidenden Tore macht. Man merkt bei ihm die Ruhe und das Selbstvertrauen, selbst in den letzten Minuten noch dran zu glauben, dass der entscheidende Ball noch kommt. Eigentlich hatte man gedacht, dass nicht mehr viel passiert in diesem Spiel – und dann das. Es freut mich für ihn sehr. Wenn in seinem Kopf vielleicht noch eine kleine Blockade war, dann ist sie jetzt gelöscht worden. Für unser Team waren die Tore natürlich sehr wichtig.

Jetzt noch einen Sieg in Aserbaidschan, und dann kann man die EM buchen, oder?

Wir haben so viel Selbstvertrauen, dass wir sagen: Diese Führung in der Gruppe geben wir nicht mehr ab. Das Spiel in Baku wird nicht einfach. Aber klar, wir sind deutlich vorn. Die Türken haben nur 1:1 gespielt, das passt dazu. Wir haben es selbst in der Hand.

Wird der Bundestrainer am Dienstag personell rotieren, um andere zu schonen?

Ich glaube, im letzten Spiel der Saison braucht man keinem mehr etwas zu ersparen. Für jeden Spieler, selbst wenn er noch so müde ist, heißt es noch einmal Hochfahren. Das Spiel ist einfach zu wichtig für uns. Zum Probieren haben wir ja Gott sei Dank noch die Freundschaftsspiele. Wir hoffen, möglichst schnell die Qualifikation in der Tasche zu haben, dann können wir im Herbst gegen Holland und die Ukraine spielen. Das sind zwei unglaublich interessante Gegner mit Blick auf das Turnier im kommenden Sommer. Und im September gegen Polen, da haben wir genügend Chancen, personell zu probieren und zu testen.

Aufgezeichnet von Michael Rosentritt.

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