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Sport: Das Geld der Leidenschaft

Kaiserslauterns Fans sammeln 60 000 Euro für den Verein

Kaiserslautern. Norbert Thines seufzt tief. „Ei“, sagt der ehemalige Präsident des 1. FC Kaiserslautern im Originalton Südwest, „du kannsch nimmeh schlofe. Du hasch Angscht, du leidesch wie an Hund.“ Sein Klub ist am Abgrund, finanziell fast erledigt, die Lizenz in Gefahr. „Bloß noch Horrormeldungen“, sagt Thines. Da lagen sie nun schlaflos in ihren Betten, Thines, die 54er-Weltmeister Ottmar Walter und Horst Eckel und „mussten einfach was tun“. Nun geht es den drei Männern besser. „Jetzt sind wir stolz“, sagt Thines. Ihre „IG Leidenschaft FCK“ hat 60 000 Euro gesammelt. Ohne Großspender. Ohne Sponsoren. „Die Leud uff de Stross“ waren es. „Beträge von einem Euro bis Tausend waren dabei.“ Sogar aus dem Ausland kamen Gelder. Fanklubs aus der Schweiz und aus Luxemburg überwiesen Geld.

Davon wird nun ein Teil der Strafe von 125 000 Euro bezahlt, die die Deutsche Fußball Liga (DFL) dem Verein für Unregelmäßigkeiten im Lizenzierungsverfahren vergangener Jahre aufbrummte. „Am Samstag vor dem Heimspiel gegen Hansa Rostock sollen die 60 000 Euro übergeben werden. Sie sind zweckgebunden und werden für die Strafe eingesetzt“, erzählt Thines und seufzt wieder tief. „Der neue Vorstand kann ja nichts dafür.“ Leicht sei das nicht gewesen. „Wir sind alles alte Leute und tragen die Kosten selbst.“ Der Mythos FCK aber hat sie nie losgelassen. Einst saß der ehemalige Oberbürgermeister Gerhard Piontek in seinem Büro und jammerte: „Wenn wir absteigen, sind wir bald nur noch ein Haltepunkt im ICE-Netz.“ Und auch jetzt, da Stadt und Umland unter der Wirtschaftsflaute und dem seit Jahren stattfindenden Abzug von US-Soldaten leiden, sprachen viele von der Angst, den Klub als Lebensinhalt und Quelle bescheidenen Selbstbewusstseins zu verlieren.

Wenn das Geld am Samstag an den neuen Vorstandsvorsitzenden René C. Jäggi übergeben ist, „machen wir weiter“. Die Spendenkonten bleiben geöffnet; Thines, Walter und Eckel hocken sich weiter ans Telefon. „Das nächste Geld geht an die Jugendabteilung. Wir wollen den Verein entlasten“, sagt Thines. Das Sammlertrio aber musste sich auch viel Kritik anhören. Einige wollten erst spenden, wenn die ehemalige Führung unter Jürgen Friedrich, Gerhard Herzog und Robert Wieschemann zur Verantwortung gezogen wird. Die drei überredeten viele, doch jetzt schon zu spenden. Das, meint Thines, war psychologisch wichtig, weil keiner mehr „gedacht hat, dass jemand noch was tut“. In den nächsten Tagen wird ein Verein gegründet, der „noch viel vorhat“. Und was dem Trio nach Monaten der Skandale besonders wichtig erscheint, ist, „dass der mal auf den Tisch kloppt, wenn’s nötig ist.“ Jäggi ist jedenfalls überwältigt. „Wo gibt es so etwas noch in der Welt?“

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