zum Hauptinhalt

Sport: "Das glaubt dir erst einmal kein Mensch"

Klaus Toppmöller (49) hat für Kaiserslautern 204 Bundesligaspiele bestritten, zudem kam er zu drei Einsätzen in der Nationalelf. Als Trainer will er nun mit Leverkusen Meister werden.

Klaus Toppmöller (49) hat für Kaiserslautern 204 Bundesligaspiele bestritten, zudem kam er zu drei Einsätzen in der Nationalelf. Als Trainer will er nun mit Leverkusen Meister werden.

Bayer Leverkusen haftet das Image des ewigen Zweiten an. Wie tief saß das, als sie kamen?

Da waren tiefe Wunden. Die Atmosphäre in der Mannschaft war zurückhaltend, keine Spur von Begeisterung. Ich habe meine Vorstellungen klar gemacht und vermittelt, dass ich zeigen will, dass Bayer Leverkusen einen Titel gewinnen kann. Das glaubt dir erst einmal kein Mensch.

Und dann? Wie haben die Spieler reagiert?

Zum Thema Bundesliga aktuell: Ergebnisse und Tabellen Bundesliga-Tippspiel: Das interaktive Fußball-Toto von meinberlin.de Ich hatte Probleme mit der Taktik. Die Spieler haben mir gesagt, sie hätten das bei Christoph Daum vergeblich probiert. An der Tafel habe ich Situationen dargestellt. Nachdem ich alles erklärt hatte, war es für sie plötzlich selbstverständlich. Nach und nach ist das akzeptiert worden. Jetzt kommen die Spieler selbst und sagen: "Das funktioniert."

Wie lange waren die Spieler misstrauisch?

Ein Durchbruch-Spiel war Schalke, als ich auf den Platz gelaufen bin und alle umarmt habe. Die beäugen dich und schauen, wie geht der mit uns um, wie verkauft er sich nach außen? Ich bin einer, der sagt: "Lasst meine Person raus." Am liebsten würde ich die Woche über trainieren, am Samstag unerkannt ins Stadion kommen und wieder verschwinden. Das wäre mein Traumjob.

Ruhige, fundierte Arbeit, war das etwas, was Leverkusen nach Christoph Daum und Berti Vogts gebraucht hat?

Ich stehe für beides, Motivation und fundierte Arbeit. Sorge zu tragen, dass es in der Mannschaft stimmt, ist mein Job. Die Spieler müssen zeigen wollen, was sie können. Mit gutem Gewissen, weil sie gut vorbereitet sind. In Leverkusen muss es selbstverständlich sein zu siegen. Mal schauen, wie das Spiel läuft - das ist eine falsche Denke.

Wie schafft man Selbstvertrauen und Siegermentalität gerade in einem Verein wie Bayer Leverkusen?

Man muss viele Einzelgespräche führen. Die Spieler müssen begreifen, dass es immer auch um die allerkleinsten Teilchen geht.

Sie haben ein spezielles Programm dafür - oder geht das intuitiv?

Der Anfang war nicht leicht. Lucio und Ze Roberto habe ich in Südamerika besucht, die hatten keine Lust mehr zurückzukommen. Heute will Ze Roberto bleiben, weil die Kameradschaft gut ist, weil wir ein Team geworden sind. Vorher war das für ihn nur ein Trümmerhaufen. In Sao Paulo saßen wir im Hotel, und ich habe ihn angefleht, ich brauche dich als Fußballer. Es geht ja darum, alle Spieler zu beachten, alle 30. Die, die nicht spielen, das sind die schwierigen Fälle - nicht die elf, die auf dem Platz stehen und spielen.

Viele Spieler loben ihre Art?

Wenn man hart und direkt ist, verstehen das die Spieler, vor allem die schwierigen. Ich liebe meine Spieler, ich behandele sie als Menschen und fördere jeden. Ich sage aber dann auch: "Tut mir Leid, deine Klasse reicht nicht." Wenn ich hier und dort etwas Unaufrichtiges erzähle, habe ich mich bald in Widersprüche verstrickt.

Was können sie denn auf den Tod nicht ausstehen?

Wenn einer sein Talent verschleudert. Die größte Katastrophe, wenn sie so einem sagen müssen, es habe keinen Sinn mehr. Ein Beispiel ist Paulo Rink. Ein Fußballer mit Fähigkeiten, wie ich sie mag. Aber 50 Mal muss man sagen: "Mach mit." Und dann kommt: "Ja, morgen." Eine Mannschaft aber beobachtet ganz genau, wer was macht. Vieles ist dann nicht mehr zumutbar.

Und Klaus Toppmöller, hat der alles rausgeholt? Es heißt, sie seien kein Filigrantechniker gewesen.

Filigrantechniker war ich, zumindest bestätigen mir das die ganz Großen wie Beckenbauer oder Overath. Von der Physis her hätte ich mehr machen können. Ich bin nicht gerne gelaufen, war nie der Schnellste, habe nie auf Ernährung geachtet. Trotzdem habe ich in Kaiserslautern 17, 18 Tore pro Saison geschossen, dabei musste ich auswärts als Mittelstürmer hinter der Mittellinie spielen. Die Fans haben mich in die Elf des Jahrhunderts gewählt, neben allen Weltmeistern. Als Trainer bin ich deshalb Taktikfanatiker geworden, der alles besser umsetzen will.

Die ländliche Umgebung auf dem Dorf hat sie geprägt?

Bei 800 Einwohnern kennt jeder jeden. Das ist meine Welt. Was soll ich auf gekünstelten Partys, wo ich labern muss und auf die Etikette achten. Wenn ich am Biertresen stehe, neben mir Hilfsarbeiter und Sparkassendirektor, wir reden über Probleme, da fühle ich mich wohl. Mit der Kunstwelt rund um den Profifußball kann ich nichts anfangen. Aber ich brauche Freiheit bei der Arbeit. Ich könnte nie um acht anfangen, um vier aufhören. Dann lieber freiberuflicher Vertreter.

Die Meisterschaft mit Leverkusen, das wäre auch für sie als Trainer ein Durchbruch?

Ein Aufstieg mit Saarbrücken aus der Regionalliga, mit VfL Bochum in den Uefa-Cup, ist für mich so viel Wert wie der Titel mit Leverkusen. Für den Verein wäre der Titel immens wichtig, aber mit Bochum im Uefa-Cup, das ist vielleicht ein größerer Erfolg.

Jahrelang war Leverkusen der ewige Zweite, wie bekämpft man diese Gedanken?

Da ist ein gewisser Reifeprozess, den man ablegen muss, um ganz nach vorne zu kommen. Die meiste Unruhe kommt von außen. Ein paar sagen "Unterhaching" und denken, sie können uns verunsichern. Durch die Erfolge in der Liga und in der Champions League ist die Mannschaft nun so weit, dass sie jedes Spiel gewinnen will.

Der Sieg in La Coruna war die Reifeprüfung?

Absolut. Das Selbstvertrauen stieg, Stück für Stück. Erst Turin, die wir beherrscht haben, Stuttgart, der erste Sieg seit langem. In Freiburg habe ich, was noch nie vorkam, eine Sitzung einberufen und gefragt: "Was ist? Keine Aufbruchstimmung, keine Begeisterung, Jungs wir können Meister werden." Jetzt ist es so weit, dass wir aufpassen müssen, nicht überheblich zu werden.

Sie loben den Teamgeist. Dafür steht ausgerechnet Michael Ballack, der im Sommer zu Bayern München wechselt.

Geht er als Meister, ist er Chef im Ring. Kommt er als Zweiter und Bayern wird Meister, was sagen die dann zu ihm? Er hat die ganze Runde vorbildlich gespielt, obwohl er es nicht leicht hatte. Aber Ballack ist ein Musterprofi, der sich in den Dienst der Mannschaft stellt.

Bayer Leverkusen haftet das Image des ewigen Zweit

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false