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Sport: Das symbolische Foul

Argentiniens Sieg im Halbfinale beginnt mit einer Attacke gegen Ramon Morales, der bei der Copa America noch Mexikos Siegtor erzielt hatte

Im Bistro des ICE rauschte Jürgen Rollmann durch die Nacht. Der Koordinator der Bundesregierung für die WM 2006 hatte längst Feierabend und sein Jacket über den Stuhl gelegt, da kam er noch einmal auf das Fußballspiel der Argentinier zurück. „Das war schon gut“, sagte Rollmann und nickte anerkennend.

Das Halbfinale beim Confed-Cup zwischen Argentinien und Mexiko war schon zwei Stunden vorbei, das Fußballstadion von Hannover lag viele Kilometer zurück. Es war kein schönes Spiel an diesem Abend, schon eher ein hässliches, weil sich die Mannschaften eine Stunde lang mit ihrer Taktik neutralisierten und irgendwann auf ruppigere Methoden zurückgriffen, so dass zum Ende hin je ein Spieler vom Platz gestellt wurde. Lange hatten die Argentinier die Mexikaner angreifen lassen und selbst wenig zielorientiert gespielt. Am Ende jedoch siegten die Argentinier, weil sie trotz der Hitze in der Verlängerung noch einmal das Tempo anzogen und im Elfmeterschießen so cool einen Ball nach dem anderen ins Tor schoben, dass irgendwann ein Mexikaner einfach die Nerven verlieren musste. Nach dem 7:6-Sieg spielen die Argentinier nun am Mittwochabend im Finale des Confed-Cup gegen Brasilien.

Die Mexikaner waren enttäuscht, das sah man nicht nur an den Gesichtern der Spieler, die auf dem Rasen schweigend zu den jubelnden Argentiniern hinüberschauten. Später jedoch nahm der Abend noch eine ganz andere Wende, als sich Mexikos Trainer Ricardo La Volpe zu einigen Bemerkungen in den Stadionkatakomben hinreißen ließ, die beim Weltverband Fifa für Verwunderung sorgten. „Man wusste es schon vorher“, schimpfte La Volpe mit heiserer Stimme und konkretisierte seine Gedanken auch gleich. „Das Finale muss eben mit besseren Mannschaften besetzt sein. Man muss berücksichtigen, dass es manchmal auch um Wirtschaftliches geht.“ Er mag es nicht so direkt gesagt haben – aber er redete von Manipulation. Die Wut des Trainers war die Folge einer Szene, die sich nach gut einer Stunde vor seiner Coaching-Zone abgespielt hatte. Argentiniens Fabricio Coloccini war mit voller Wucht auf den Mexikaner Ramon Morales geprallt und hatte diesen so unglücklich am Kopf erwischt, dass Morales benommen am Boden liegen blieb. „Das muss Rot sein“, sagte La Volpe. „Er hat gar nicht versucht, den Ball zu spielen“. Es war dazu ein Foul mit Symbolcharakter, denn jener Morales hatte noch vor einem Jahr bei der Copa America Mexikos Siegtor gegen Argentinien geschossen. So sei das nun mal, sagte La Volpe beleidigt. „Großmächte haben immer diesen kleinen Vorteil.“

La Volpe dürfte sich damit noch unbeliebter gemacht haben, nachdem er zuvor schon die Doping-Fälle in seinem Team verheimlichen wollte. Längst musste er sich von den Vertretern des mexikanischen Verbandes in dieser Angelegenheit korrigieren lassen. Wie souverän wirkt da doch Argentinien.

André Görke[Hannover]

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