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Sport: „Das wichtigste Talent ist der Charakter“

Routinier van Burik und Jungprofi Wallschläger über die Hertha-Generationen

Können Sie sich noch an Ihr erstes Jahr als Profi erinnern, Herr van Burik?

VAN BURIK: Ja, das war bei Ajax Amsterdam, ich war 17. Die Leute waren am Anfang ziemlich skeptisch. Das Niveau war sehr hoch. Ich musste mich beweisen, um akzeptiert zu werden.

Was heißt beweisen? Galt das in der neuen Umgebung auch neben dem Platz?

VAN BURIK: Nein, vor allem auf dem Feld. Wenn du das Level halten kannst, wirst du akzeptiert. Bei Hertha ist das auch nicht so schwierig im Moment. Da kann man sich schnell wohl fühlen. Aber ich weiß ja nicht genau, wie Amadeus das sieht. Fühlst du dich wohl?

WALLSCHLÄGER: Ja, ich denke schon. Bis jetzt gab es keine Probleme. Es ist wichtig, dass man den erfahrenen Spielern Respekt entgegenbringt. In erster Linie zählt die Leistung, für mich ist aber auch das Umfeld wichtig.

Ist das nicht ein Widerspruch: Respekt zu zeigen und gleichzeitig den neuen Kollegen zu beweisen, dass man etwas drauf hat?

WALLSCHLÄGER: Nein. Respekt außerhalb des Platzes ist etwas anders. Auf dem Platz würde das ja in Ehrfurcht übergehen. Darin will ich nicht erstarren. Auf dem Platz sind alle Mitspieler, außerhalb sind sie Freunde. Man muss immer bedenken, wer was erreicht hat. Du hast doch schon mehr als 200 Bundesligaspiele, oder Dick? Ich habe noch keines.

VAN BURIK: Ja, aber wir Älteren sollten den Jungen auch Respekt zeigen. Natürlich gibt es Konflikte zwischen Jung und Alt, aber die gibt es auch unter Gleichaltrigen.

Das Thema Respekt spielte in der vergangenen Saison eine große Rolle. Der junge Stürmer Solomon Okoronkwo hat im Trainingslager vor einem halben Jahr gesagt, dass er sich mehr Respekt von den älteren Spielern wünschen würde.

VAN BURIK: Da fühle ich mich nicht angesprochen. Ich weiß nicht, wer Solomon gegenüber keinen Respekt gezeigt hat. Wenn das so war, hätte er Vor- und Zunamen nennen und die Person darauf ansprechen sollen.

Wie kann man den Jüngeren zeigen, dass sie akzeptiert werden?

VAN BURIK: Ich behandele jeden so, wie auch ich gerne behandelt werden würde. Wenn ich denken würde, was willst du kleiner Wurm denn, dann wäre das die falsche Lebenseinstellung.

Herr Wallschläger, Sie sind zusammen mit Chinedu Ede, Nico Pellatz, Patrick Ebert und Robert Müller aus der zweiten in die erste Mannschaft aufgerückt. Es war zu sehen, dass die jüngsten Spieler im Training häufig unter sich sind. Ist das hinderlich für die Integration?

WALLSCHLÄGER: Es ist im Moment noch so, dass wir uns suchen, wir kennen uns einfach besser. Außerdem spielen wir im Training häufig Jung gegen Alt.

VAN BURIK: Ist doch klar, dass die Jungen nacheinander schauen. Die haben die gleichen Interessen. Im Trainingslager rede ich ja auch lieber mit Christian Fiedler über Kinder als mit Kevin-Prince Boateng über seine Playstation.

Heute spielen die Jungen Playstation. Was haben Sie früher gemacht?

VAN BURIK: Wir haben über Fußball geredet, auch mit den Älteren. Aber wir haben auch Karten oder Billard gespielt, mal ein Buch gelesen. Aber Spiele wie die Playstation hatten wir einfach nicht.

Ist die aktuelle junge Generation schwieriger als Sie früher?

VAN BURIK: Nein. Es ist eine andere Zeit, es bestehen andere Interessen. Alles ist visualisiert, alles muss mit Bildern sein, schnell. So muss man eben auch kommunizieren. Das sollte man respektieren. Aber es ist nicht schlechter.

Vor der letzten Saison haben Sie gesagt: Die jungen Spieler nehmen keine Tipps mehr an, warum sollte ich welche geben?

VAN BURIK: Die meisten denken, dass sie sehr viel wissen. Vom Denken her sind viele sicherlich schon etwas weiter, als wir es damals waren. Aber wenn ich zehn Leuten etwas sage und einer nimmt etwas an, dann habe ich etwas erreicht. Ich habe leider schon viele junge Leute gehen sehen, die sehr viel Talent hatten, aber keine Tipps angenommen haben.

Sie sind seit neun Jahren bei Hertha. Merken Sie schnell, ob es ein junger Spieler schaffen kann?

VAN BURIK: Ja. Wenn man Profi wird, muss man ein bestimmtes Talent haben. Das wichtigste Talent ist aber der richtige Charakter. Man braucht Technik, die richtige Ballbehandlung. Aber wenn man nicht den richtigen Charakter dazu hat, dann schafft man es nicht.

Spielen Sie Karten und Billard oder Playstation, Herr Wallschläger?

WALLSCHLÄGER: Beides, ich bin eine Mischung aus Jung und Alt.

Das Trainingslager könnte wichtig für Sie werden. Trainer Falko Götz hat gesagt, dass Sie eine Chance erhalten könnten.

WALLSCHLÄGER: Erst einmal muss ich jetzt sehen, was eine Untersuchung in Berlin ergibt. Ich hatte zuletzt Gefühlsstörungen in den Beinen. Hoffentlich ist es kein Bandscheibenvorfall.

Ist es bei Hertha leichter, in die Mannschaft zu kommen, weil so viele junge Spieler da sind?

VAN BURIK: Hertha hat viel investiert in die Jugend. Ich denke aber nicht, dass es leichter ist. Der Klub hat sich für diesen Weg entschieden, dazu kommt die finanzielle Situation.

WALLSCHLÄGER: Wir werden fast immer Deutscher Meister mit unseren Jugendmannschaften. In diesen Teams stehen jeweils zehn überragende Talente auf dem Feld. Davon werden nur zwei oder drei genommen. Bei anderen Bundesligisten bist du vielleicht das eine überragende Talent und wirst dann Profi. Nein, in Berlin ist es auf keinen Fall leichter als anderswo. Bei uns kann man den Sprung vielleicht nicht leichter, aber schneller schaffen, weil andere körperliche Voraussetzungen im Jugendbereich geschaffen werden.

Merken Sie, dass ein körperlicher Unterschied besteht zwischen der Profimannschaft und der zweiten Mannschaft?

WALLSCHLÄGER: Ein wenig mehr Power und Zug zum Tor ist schon zu sehen. Manchmal fühlt man sich da ein bisschen klein. Aber ich bin ja auch nicht der Größte (lacht).

Es gibt bei Hertha keinen Spieler, der zwischen 24 und 27 Jahre alt ist. Der 22-jährige Malik Fathi und der 23-jährige Sofian Chahed mussten im Trainingsspiel Jung gegen Alt sogar bei den Alten mitspielen. Müssen die Jungen früher eine Führungsrolle übernehmen?

VAN BURIK: Gut, momentan sind viele junge Spieler dabei, da muss man aufpassen. Aber ich glaube, dass wir im letzten Jahr schon etwas gelernt haben.

Was haben Sie gelernt?

VAN BURIK: Naja, Solomon Okoronkwo hat nicht umsonst gesagt, was er gesagt hat. Solche Sachen müssen wir in Zukunft früher erkennen.

Was ist Ihr Ziel mit dem jungen Team?

VAN BURIK: In den letzten Jahren waren wir immer unter den ersten fünf, sechs Mannschaften. Jetzt haben wir einige Spieler abgegeben, aber noch nichts dazubekommen. Wir haben sehr viel Talent. Wie weit oben wir mitspielen können, hängt aber sicherlich auch davon ab, in welchem Zustand unsere Nationalspieler zurückkommen.

Oder wann andere Spieler zurückkommen – siehe Marcelinho.

VAN BURIK: Eigentlich ist es das gar nicht wert, über Mannschaftskollegen zu reden, die keinen Respekt haben.

Sehen Sie einen jungen Spieler bei Hertha, der eine Führungsrolle übernehmen könnte, Herr van Burik?

VAN BURIK: Malik Fathi ist ein vernünftiger Junge, der auch mal über seinen Job nachdenkt. Und Malik kann mit so einer Aussage von mir umgehen. Für andere Spieler bringt das vielleicht Druck, wenn ich so etwas sage. Sofian Chahed macht eine sehr gute Entwicklung, auch Kevin-Prince Boateng hat Ansätze.

Wo müssen Sie sich noch verbessern, Herr Wallschläger?

WALLSCHLÄGER: Wenn ich den Ball am Fuß habe, bin ich sofort hektisch. Die erfahrenen Spieler strahlen viel mehr Ruhe und Zielstrebigkeit aus. Das will ich auch mal, das ist mein Ziel.

Was ändert sich durch den Sprung zu den Profis noch für Sie? Ihr Auto ist ein bisschen schneller geworden …

WALLSCHLÄGER: Nein, nein, den BMW hatte ich vorher schon. Der zwölf Jahre alte Golf war Schrott.

Das Gespräch führten Mathias Klappenbach und Ingo Schmidt-Tychsen.

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