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Sport: Den Flaschen davongeflogen

Für den Pokal, der ihm da von den tschechischen Organisatoren überreicht wurde, muss Sven Hannawald daheim eine Menge Platz schaffen. Das gute Stück aus Kristall ist schließlich stolze 120 Zentimeter hoch.

Für den Pokal, der ihm da von den tschechischen Organisatoren überreicht wurde, muss Sven Hannawald daheim eine Menge Platz schaffen. Das gute Stück aus Kristall ist schließlich stolze 120 Zentimeter hoch. Hannawald wird die Trophäe dennoch gewiss gerne in Sichtweite aufbewahren, rundet sie für ihn doch eine Saison ab, wie sie erfolgreicher wohl kaum hätte verlaufen können. Der 27 Jahre alte Gewinner der Vierschanzentournee konnte im tschechischen Harrachov als erster Springer seinen Titel als Skiflug-Weltmeister verteidigen und nahm dafür neben dem stattlichen Pokal auch noch 25 000 Euro an Preisgeld vom Deutschen Skiverband mit nach Hause. Martin Schmitt, der drei Jahre jüngere viermalige Weltmeister vom SC Furtwangen, komplettierte als Zweiter den überragenden Erfolg der deutschen "Adler". Schmitt gewann seine erste WM-Medaille im Skifliegen und machte den ersten Doppelerfolg für eine Nation in der Geschichte der Skiflug-Weltmeisterschaften perfekt.

Die Entscheidung bei der 17. Skiflug-WM auf dem Riesenbakken am Teufelsberg fiel - wie zwei Jahre zuvor im norwegischen Vikersund - nach nur einem Flugtag, weil Schneegestöber mit Windböen von bis zu 25 Metern pro Sekunde am Sonntag das Fliegen verhinderte. Am Mittag entschied die Jury, die weiteren Wertungsflüge abzusagen. "Die Absage war die einzige richtige Entscheidung", urteilte Bundestrainer Reinhard Heß.

Sven Hannawald erfuhr davon im Mannschafts-Hotel, wo er seine Knieverletzung behandeln ließ. Beim Jubeln war er am Samstag im Auslauf weggerutscht und hatte sich das Knie verdreht. "Es könnte eine Quetschung des Außenmeniskus sein. Sven hätte ohne größere Probleme, aber nicht hundertprozentig fit springen können", erläuterte Ernst Jakob, der behandelnde Mannschaftsarzt.

Am Samstag hatte Hannawald die Konkurrenz regelrecht deklassiert. Er war bei guten äußeren Bedingungen zweimal auf 202 m gesegelt und hatte dafür jeweils die besten Haltungsnoten kassiert. Mit 396,3 Punkten betrug sein Vorsprung vor Schmitt exakt 28 Zähler, was 23,5 m entspricht. Schmitt steigerte sich auf seinen seit den Olympischen Winterspielen benutzten Tigerski nach 182 m und dem sechsten Platz nach dem ersten Durchgang auf 202 m im zweiten Flug. Dritter wurde der Finne Matti Hautamäki (363,4/ 202,5 + 182).

Hannawald war bei seinem Erfolg auch nicht durch die Schneeball- und Flaschenwürfe einiger polnischer Zuschauer unter den mehr als 40 000 Besuchern zu stoppen. "Die so genannten polnischen Fans habe ich abgehakt. Das war noch eine Steigerung gegenüber dem Weltcup in Zakopane. Das ist extrem nervig und muss nicht sein. Mit dem Volk bin ich fertig", schimpfte Hannawald in Richtung der "Schanzen-Hooligans" nach der Schneeball-Kanonade während seiner Fahrt mit dem Sessellift. Für Sonntag hatte das deutsche Team bereits die Fahrt für Hannawald mit einer Pistenwalze über den alpinen Hang neben der Schanze zum Anlaufturm organisiert.

Während Hannawald beide Male bei Windstille sprang, beendete Rückenwind den zweiten Flug von Weltcup-Spitzenreiter Adam Malysz bereits nach 142 m. "Die Jury hat mich zu lange warten lassen. Allerdings war mein Sprung auch nicht gut", bemerkte der Pole und entschuldigte sich für die Schneeballwerfer bei Hannawald. "Das schmerzt mich sehr, dass einige so eine Aggression gegen Sven entwickeln. Das sind Fußball-Fans, aber keine Freunde des Skispringens. Vielleicht haben sie zu viel Wodka getrunken. Sven ist ein fantastischer Springer und hat verdient gewonnen", sagte Malysz, der nur auf Platz 18 landete.

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