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Sport: Den Makel getilgt

Thomas Rupprath nun auch bei einem großen Wettkampf auf der Höhe: Europameister über 100 Meter Schmetterling

Von Claus Vetter

Berlin. Nein, locker wirkte Thomas Rupprath vor dem Start über 100 m Schmetterling nicht. Wie konnte er auch? Kurz zuvor hatte Franziska van Almsick mit ihrem Weltrekord über 200 m Freistil schon den Höhepunkt bei der Schwimm-Europameisterschaft in der Halle an der Landsberger Allee vorweggenommen. Rupprath hatte das, wie er später sagte, „nur im Radio mitbekommen". Trotz aller vorhandenen Nervosität, van Almsicks Auftritt habe ihn motiviert: „Ich habe mir gedacht, das musst du nachmachen. Bis auf den Weltrekord hat es ja geklappt.“ Und das recht souverän: Der 25-Jährige aus Wuppertal hatte nach 51,94 Sekunden als Erster angeschlagen, nur 13 Hundertstelsekunden über dem Weltrekord.

Rupprath war dem Becken kaum entstiegen, da verbeugte er sich schon vor dem Publikum. Dann hielt er kurz vor der Anzeigetafel inne, wirkte für einen Moment unschlüssig. Wie einer, der den ganz großen Auftritt vielleicht doch verpasst hat? „Nein“, sagte Rupprath wenig später. „Ich war vorher nervös, habe richtig viel in der Hose gehabt.“

Dann kam der Wuppertaler zum Wesentlichen: „Das war mein größter Erfolg. Auch wenn der angepeilte Weltrekord nicht gefallen ist. Mit dieser Zeit wäre ich voriges Jahr Weltmeister geworden, vor zwei Jahren Olympiasieger." Die Freude Ruppraths über die Goldmedaille war verständlich. Schließlich eilte dem Wuppertaler lange der Ruf voraus, immer dann Bestzeiten zu schwimmen, wenn es um wenig ging. Auf der längeren Strecke blieb dem Kurzbahnspezialisten bis gestern der ganz große Erfolg verwehrt.

Dass der Makel des in wichtigen Momenten psychologisch nicht immer gefestigt erscheinenden Schwimmers nun wohl getilgt ist, darüber war Rupprath sichtlich erleichtert: „Endlich habe ich gezeigt, dass ich auf der Langbahn auch gut schwimmen kann.“ Für seine gestern über 100 m Schmetterling demonstrierte psychische Stärke hatte Rupprath eine etwas überraschende Erklärung: „Heute war meine Freundin zum ersten Mal bei einem Wettkampf mit dabei, die hat mich recht locker gehalten.“ Als ein Journalist über diese Bemerkung – ähnlich zweideutig wie die zuvor mit der Hose – lächelte, schob Rupprath schnell hinterher: „Natürlich nicht so, wie Sie meinen."

Als sich Rupprath mit seiner Freundin noch in den Katakomben der Halle minutenlang in den Armen lag, hatte eine andere erfolgreiche deutsche Schwimmerin die Stätte ihres Teilerfolges längst verlassen. Anne Poleska (Krefeld) war über 200 m Brust mit persönlicher Bestzeit von 2:27,37 Minuten hinter der Siegerin Mirna Jukic (2:25,83) aus Österreich Zweite geworden. Die in den USA studierende Poleska zeigte sich vom bisher größten Erfolg ihrer Karriere überraschend unüberrascht. „Ich bin mit gutem Gewissen ins Rennen gegangen“, sagte die 22-Jährige. „Es ist alles genau so gelaufen, wie ich mir das vorgestellt habe. Meine Stärke lag auf den letzten 50 Metern. Und da war mein Vorteil, dass zwischen Platz zwei und vier noch nichts entschieden war.“

Den erfolgreichen Tag der deutschen Schwimmer rundete schließlich die 4-x-200-m-Freistilstaffel der Herren ab. Hinter Italien (7:12,18 Minuten) kam die deutsche Mannschaft mit 41 Hundertstelsekunden Rückstand als Zweite ins Ziel. Silber also für Moritz Zimmer (Berlin), Stefan Pohl (Halle/Saale), Lars Conrad (Hannover) und Stefan Herbst (Leutzsch). Nach dem gestrigen Tage hat die deutsche Mannschaft damit bei der Europameisterschaft einschließlich Wasserspringen bisher dreizehnmal Gold, elfmal Silber und sieben Bronzemedaillen gewonnen. Allein im Schwimmen sind es neun erste Plätze. Der Zweite, die Ukraine, hat vier Goldmedaillen.

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