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Stuttgarts Dynamite. Der Däne Willliam Kvist (r.) gibt dem VfB Hoffnung auf eine verbesserte Hinrunde. Foto: dpa

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Sport: Der Anti-Messi

Der Däne William Kvist schießt kaum Tore, dafür lenkt er das Stuttgarter Spiel aus dem Hintergrund

In Stuttgart hat es William Kvist seit Samstag noch schwerer. Neben der ungewohnten deutschen Sprache sieht er sich einer weiteren Herausforderung ausgesetzt. „Früher hat man mich überall gehört“, erklärt der Mittelfeldspieler, „in Kopenhagen hat nur einer geschrieen, das war ich.“ Womöglich hätte man den 26-Jährigen auf der Baustelle des umgebauten Stadions noch auf der Tribüne hören können. Doch seit der VfB Stuttgart im neuen, zur reinen Fußballarena umgebauten Stadion vor 60 000 Zuschauern spielt, steht Kvists Stimme vor einer neuen Herausforderung. Am Samstag beim 3:0 (1:0) über Schalke hatte seine Stimme noch genügend Volumen, um von den Teamkollegen gehört zu werden. Das, so stellte sich heraus, sollte einer der Gründe für den ersten Auftaktsieg der Stuttgarter seit 2008 werden.

Kvist steht stellvertretend für die Hoffnung, die Stuttgarter könnten in dieser Saison auf eine schwache Hinrunde verzichten und sich frühzeitig in der Tabelle nach oben orientieren. Ganz nebenbei ist der Zugang aus Kopenhagen auf dem Weg, der Chef im Mittelfeld zu werden. „Ich bin das Gegenteil von Messi“, sagt er, „ich versuche vor allem, die Teamkollegen zu unterstützen und sie in eine gute Position zu bringen.“ Anders als Messi, der in Barcelona Spiele mit seinen Treffern und Tempodribblings alleine entscheidet. Über diese Fähigkeit verfügt Kvist nicht. „Ich habe in Kopenhagen nur elf Tore in 300 Spielen gemacht, das ist ein bisschen wenig“, sagt er. „Wenn man die Tore im Training mitrechnet, waren es zwölf in 400 Spielen.“ Dafür verfügt Kvist, wie man sieht, über Witz und die Fähigkeit zur Selbstkritik.

Und er verfügt über die Gabe, das Spiel einer Mannschaft aus dem Hintergrund zu lenken und zu lesen. Viele Stuttgarter Chancen entsprangen seinem Wirkungsbereich. Kvist steuerte das Stuttgarter Pressing und leitete die Angriffe ein. Die Mannschaft hat ihn bereits als Führungsspieler akzeptiert. „Man hat gesehen, warum wir ihn geholt haben“, lobte sich Stuttgarts Manager Fredi Bobic selbst. Kvist sah sich nach Toren von Cacau, Martin Harnik und Shinji Okazaki als Teil des Teams: „Wir haben als Mannschaft gespielt.“ Das, so Cacau, sei schon in der Rückrunde der vergangenen Saison so gewesen, „als wir uns endlich als Mannschaft fanden“. Seit Kvist besteht die Aussicht, der Teamgeist des VfB könnte von Dauer sein.

Doch noch etwas half. „Es kam viel Kraft vom neuen Stadion", sagte Kvist nach dem Fest, das sich der VfB zur Einweihung geleistet hatte. Man hatte ehemalige Spieler eingeladen, Feuer-Fontänen emporsteigen lassen und tausende VfB-Fahnen und T-Shirts verteilt. „Das war heute wie Champions League“, sagte Kvist, ohne seine Aussage als Hinweis auf ein Saisonziel gemeint zu haben.

In Stuttgart ist man nach der vergangenen Katastrophensaison aus verständlichen Gründen mit viel weniger zufrieden. Während Trainer Bruno Labbadia es schön fand, „dass wir einen Teil zum Fest beitragen konnten“, blieb Manager Bobic kühl. „Wir lassen uns nicht nach einem Heimspiel feiern“, sagt er. „Wir haben gesehen, wie viel Arbeit man investieren muss.“ Damit könnte Bobic auch Kvist gemeint haben, der zu den Stuttgartern mit den besten Werten gehörte.

Nur mit der neuen Sprache hapert es etwas. Aber auch hier erwies sich der Mann aus Kopenhagen als erfindungsreich. „Ich muss auf dem Platz den Augenteiler haben“, sagte Kvist und zeigte mit zwei Fingern auf seine Augen. Gemeint war: Überblick.

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