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Ungewohntes Bild. Kenenisa Bekele (Zweiter von rechts) läuft hinterher. Foto: AFP

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Sport: Der Beste verliert im Matsch

Kenenisa Bekele erlebt beim Cross eine überraschende Niederlage.

Ein schönes Weihnachtsfest sieht anders aus. Am äthiopischen Weihnachtstag, dem 7. Januar, war Kenenisa Bekele nicht zu Hause. Stattdessen startete der Ausnahmeläufer beim hochkarätigsten Crossrennen des Jahres in Edinburgh. Doch in Schottland erlebte Bekele eine der größten Pleiten seiner Karriere. Während seine Frau mit den beiden kleinen Kindern in Addis Abeba Weihnachten feierte, lief der Doppel-Olympiasieger durch den matschigen und hügeligen Holyrood Park und kam hinter zehn Konkurrenten ins Ziel. 22 Sekunden betrug sein Rückstand in dem 3-Kilometer-Rennen auf den Sieger, den 1500-Meter-Olympiasieger Asbel Kiprop (Kenia).

Athleten wie die britischen Youngster Jonny Hay, Ricky Stevenson oder Ross Millington können nun von sich sagen, den besten Läufer der Welt hinter sich gelassen zu haben. So etwas passiert Bekele selten. Erst zum vierten Mal in seiner Karriere hat der bisher erfolgreichste Crossläufer der Welt, der allein bei Cross-Weltmeisterschaften 20 Goldmedaillen sammelte, einen Lauf im Gelände nicht gewonnen. „Ich wusste vorher, dass meine Form nicht so gut ist. Es ging heute einfach nicht besser“, erklärte der 29-Jährige und fügte hinzu: „Ich bin froh, dass ich gesund und ohne Verletzungsprobleme in das Olympiajahr gestartet bin.“ Sein Blick auf die Spiele in London bleibe optimistisch: „Ich denke, im Sommer werden wir wieder den richtigen Kenenisa Bekele sehen.“

Dass er in Edinburgh trotz des misslungenen Rennens noch locker blieb, hängt auch mit seiner Situation vor einem Jahr zusammen. Damals war der 5000- und 10 000-Meter-Weltrekordler nach einer Kette von Verletzungen an einem Tiefpunkt angelangt. Bekele weiß heute: Es kann noch viel schlimmer kommen als im Holyrood Park. „Ich war damals dicht dran, meine Karriere zu beenden“, erzählte er in Edinburgh. Gut eineinhalb Jahre lang konnte Bekele keinen Wettkampf bestreiten. „Ohne die Unterstützung meiner Familie und meiner Freunde hätte ich aufgegeben.“

Bei den Weltmeisterschaften in Daegu im vergangenen August lief er dann sein erstes Rennen seit Januar 2010. Im 10 000-Meter-Finale gab der Titelverteidiger jedoch auf. Nur zweieinhalb Wochen später meldete er sich eindrucksvoll in Brüssel zurück und stellte bei seinem 10 000-Meter-Sieg eine Jahresweltbestzeit auf. Edinburgh war nun jedoch wieder ein Rückschritt. „Ich will noch nicht zu früh in Topform sein, denn ich kann die Form dann nicht bis zu den Olympischen Spielen halten“, erklärte er. Ein bisschen klang dies wie Zweckoptimismus, denn in früheren Jahren hatte er es stets geschafft, nach einer erfolgreichen Wintersaison auch im Sommer wieder in Topform zu sein. Und oft ist es im Langstreckenbereich so, dass Läufer nach einer guten Crosssaison auch im Sommer stark sind.

Doch vielleicht fällt Bekele auch die Motivation schwerer als früher. Zumal er inzwischen, ähnlich wie sein früheres Vorbild Haile Gebrselassie, in Äthiopien auch geschäftlich tätig ist. „Ich habe zwei Hotels gebaut, die in den nächsten Monaten eröffnet werden. Es ist mir wichtig, für meine Zeit nach dem Sport Perspektiven zu haben“, erzählte der Läufer, der aber heute nicht mehr an ein Karriereende denkt. „Nach den Spielen von London will ich weiter Bahn-Langstreckenrennen laufen. Wann ich vielleicht zu den Straßen- und Marathonrennen wechseln werde, kann ich noch nicht sagen. Ich habe noch viel Zeit.“

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