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Entlassen vor dem Spiel des Jahres. Bruno Labbadia muss den HSV schon vor der Partie gegen Fulham verlassen. Foto: dpa

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Sport: Der Bruch nach dem Bruch

Der Hamburger SV beurlaubt Trainer Bruno Labbadia. Sein Assistent Ricardo Moniz soll den Klub nun ins Finale der Europa League führen

Gäbe es die Europa League nicht, hätte der Hamburger SV seinen Trainer Bruno Labbadia wohl erst nach dem 34. Spieltag entlassen. Weil am Donnerstag aber das Halbfinalrückspiel gegen den FC Fulham ansteht und der HSV unbedingt ins Finale im eigenen Stadion kommen will, feuerte Vorstandschef Bernd Hoffmann den 44 Jahre alten Labbadia am Montag. Eine Weiterbeschäftigung erschien dem HSV-Vorstand nach dem 1:5 von Hoffenheim am Sonntag als zu riskant. Der Bruch zwischen Trainer und Mannschaft war längst irreparabel. Das bewiesen die Aussagen der Hamburger Spieler am Sonntag. Einige warfen dem Trainer vor, sie ohne Konzept ins Spiel geschickt zu haben. Wer nach einem Beleg gesucht hat, ob Mannschaften gegen ihren Trainer spielen: Das Spiel am Sonntag war einer. Und schon die Ankündigung Hoffmanns, die Lage am Montag mit Labbadia zu analysieren, konnte dann als Indiz für die bevorstehende Entlassung gelten.

„Wir konnten nicht erwarten, das Spiel am Donnerstag in Fulham erfolgreich zu bestehen“, sagte Hoffmann bei einer Pressekonferenz am Montagmittag, „wir haben Bruno Labbadia beurlaubt, weil wir glauben, dass wir damit den Negativkreislauf durchbrechen können. In dieser Konstellation können und wollen wir nicht weitermachen.“ Der HSV hatte nur vier seiner 15 Rückrundenspiele gewonnen und war zuletzt nur noch durch gezielte Indiskretionen aus der Mannschaft und Sticheleien zwischen Profis und Trainer aufgefallen. Den Spielern sei nun das Alibi genommen, sagte Hoffmann: „Jetzt steht das Team im Fokus. Jetzt kann nur noch beurteilt werden, was auf dem Platz passiert.“

Labbadia war im Sommer als Nachfolger Martin Jols verpflichtet worden und hatte einen Vertrag bis 2012 erhalten; er soll nun eine Abfindung von einer Million Euro bekommen. Techniktrainer Ricardo Moniz wird die Mannschaft nun übernehmen, sie aber nur bis zum Saisonende anleiten. Vor allem soll er für einen raschen Stimmungsumschwung sorgen. „Wir hoffen, dass er die paar Prozent weckt, die verschütt gegangen sind“, sagte Hoffmann. Der 45 Jahre alte Moniz gilt als humorvoll und beliebt, er kennt die Mannschaft und wird keine dauerhafte Anstellung fordern, weil schon seit Wochen klar ist, dass er dem Angebot des ehemaligen HSV- Sportchefs Dietmar Beiersdorfer folgt und nach Salzburg wechselt. Dort soll er Chef des gesamten Red-Bull-Trainerstabs werden und die Nachwuchstrainer ausbilden. „Es war ein dramatischer Tag“, sagte Moniz am Montag. „Mir war es wichtig, dass Bruno Labbadia nichts dagegen hatte, dass ich es jetzt mache.“ Bevor er mit Jol zum HSV wechselte, hatte Moniz als Techniktrainer bei Tottenham Hotspur gearbeitet. Nach Jols Abschied war er wegen seiner Fähigkeiten und Beliebtheit bei der Mannschaft in Hamburg geblieben. Beim Training am Montag hatte der Mann mit dem holländischen Pass und dem spanischem Namen schon das Sagen. Bis zur Partie in Fulham hat er allerdings kaum Zeit, um die Mannschaft irgendwie für das Spiel des Jahres flott zu machen. Im Sommer könnte er den HSV dafür mit einer Rekordmarke verlassen: als derjenige Trainer, der in nur zweieinhalb Wochen als Chef einen Pokal geholt hat.

Neben dem Ausgang des Spiels in Fulham, in dem die Mannschaft nach Hoffmanns Vorstellung unbelastet vom zerrütteten Verhältnis zu Labbadia auftreten soll, lautet die spannendste Frage: Wer wird neuer Trainer des HSV? In Hamburg hält sich das Gerücht, es könnte Joachim Löw sein, dessen Vertrag als Bundestrainer nach der Weltmeisterschaft endet. Passenderweise tritt dann auch Löws bisheriger Chefscout Urs Siegenthaler sein neues Amt als Sportdirektor beim HSV an. Klar ist, dass der neue Chef, der fünfte seit 2007, einen veränderten Kader vorfinden wird: Jerome Boateng wird den HSV verlassen, für ihn soll der Schalker Benedikt Höwedes kommen. Zé Roberto, Guy Demel, Eljero Elia, Jonathan Pitroipa und Rincon gelten als Wechselkandidaten. Piotr Trochowski dürfte bleiben und sich unter dem neuen Mann mehr Chancen auf einen Stammplatz ausrechnen als unter Labbadia. Torwart Frank Rost steht vor seinem letzten Jahr beim HSV, ungewiss ist, was Ruud van Nistelrooy nach dem Chaos der letzten Wochen macht.

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