zum Hauptinhalt
Hatte Missstände im Schiedsrichterwesen angeprangert: Manuel Gräfe.

© Jens Wolf/dpa

Schiedsrichter-Streit: Der DFB macht es sich zu einfach

Der DFB hat Schiedsrichter Manuel Gräfe nach dessen Kritik einen Maulkorb verpasst. Den Willen zur Aufklärung lässt er vermissen. Ein Kommentar.

Von Katrin Schulze

Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) wollte die Angelegenheit ganz schnell klären. Zu viel Krach hatte der Streit um die Methoden im deutschen Schiedsrichterwesen intern verursacht, zu sehr belastete es alle Bundesliga-Referees. Doch in einer derart heiklen, komplexen und sensiblen Angelegenheit kann und darf es - bei allem Verständnis - nicht wie in einem Fußballspiel um Schnelligkeit gehen. Dass die eingesetzte Ethik-Kommission binnen weniger Tage eine scheinbare Lösung für ein Problem findet, das offenbar seit Jahren existiert, kann niemandem ernsthaft vermittelt werden. Vielmehr kann man jetzt annehmen, dass gar kein Interesse daran besteht, wirklich zu hinterfragen, zu recherchieren, aufzuklären.

Was ist mit den Fragen, die Manuel Gräfe in seinem Interview mit dem Tagesspiegel zu Saisonbeginn aufgeworfen hat? Gibt es ein System des Machtmissbrauchs beim DFB? Werden die Schiedsrichter vielleicht nicht nur nach Leistung ausgewählt? Sind einige sogar regelrecht gemobbt worden? Gräfe, der in Spielerkreisen als einer der beliebtesten Schiedsrichter gilt, war nicht der erste, der seinen früheren Vorgesetzten Hellmut Krug und Herbert Fandel Günstlingswirtschaft unterstellte, und er wurde auch gerade kürzlich erst vom besten deutschen Schiedsrichter der vergangenen beiden Jahre unterstützt, von Felix Brych.

Die Ethik-Kommission präsentiert nur halbe Lösungen

Wenn zwei erstklassige, erfahrene Referees unabhängig voneinander solche schwerwiegenden Vorwürfe äußern, die ihnen den Job kosten könnten, liegt die Vermutung nahe, dass irgendetwas dran sein könnte an den Äußerungen. In jedem Fall aber sollte dem intensiv nachgegangen werden. Stattdessen präsentierte die Ethik-Kommission im Eilverfahren halbe Lösungen. Krug und Fandel werden von zwei Posten abgezogen, bleiben dem DFB in anderen Funktionen aber erhalten. Und Manuel Gräfe soll ohne Abstimmung mit dem Verband doch bitteschön nicht mehr öffentlich reden, wenn er weiter Bundesligaspiele pfeifen möchte. Als Videoassistent darf er gar nicht mehr auftreten.

Mit einem Maulkorb lässt sich alles totschweigen, klären lässt sich nichts. Leider muss man deshalb davon ausgehen, dass alles weitergeht wie bisher. Dass das Schiedsrichterwesen ein verschworener Cliquenverein bleibt, der von außen nur schwer zu verstehen ist. Dass Probleme nicht offen angesprochen werden. Dass Tabuthemen Tabuthemen bleiben.

So wird der DFB sein Image vom verkrusteten Verband sicherlich nicht loswerden. Und er braucht sich auch nicht zu wundern, wenn ihn Fußballfans für korrupt halten.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false