zum Hauptinhalt

Sport: Der ewige Geyer

Wie Energies Trainer seinen Klub zum erfolgreichsten der Rückrunde machte

Cottbus. Dieter Krein war so richtig mies drauf. Im November war es, als der Präsident von Energie Cottbus polterte, seine Mannschaft präsentiere sich „wie ein Hühnerhaufen“, gegen die „sogar eine 60-Jährige“ Tore schießen würde, ja, das alles sei „schlimmer als Schüler-Fußball". Kreins Fazit: Klassenerhalt? Von wegen, „es ist doch Blödsinn zu sagen, wir schaffen das noch.“

Nur drei Monate später hat sich die Situation grundlegend geändert. Als die Cottbuser Spieler am Samstagabend nach dem 1:0-Auswärtssieg in Bremen in die Kurve liefen, um sich bei den mitgereisten Fans zu bedanken, hielten diese ihnen ein großes Plakat entgegen. „1. Liga!“ stand da. Es bedarf nicht vieler Worte für eine einfache Botschaft. Seit Samstag ist Energie Cottbus endgültig wieder im Geschäft. „Wir haben Hoffnung“, sagt Trainer Eduard Geyer, „wir werden kämpfen“.

Seine Stimme, seine Tonlage, sie hatten in jenem Moment etwas schönes, etwas emotionales an sich. Vielleicht funktioniert das Konzept Cottbus ja doch. Vier Siege hat Energie in den vergangenen fünf Bundesligaspielen errungen und 9:1 Tore erzielt. Die Lausitzer sind die beste Mannschaft der Rückrunde. In Tagen, in denen die Fans auf den FC Bayern und ihren Millionen-Deal mit Kirch schimpfen, ist so eine Nachricht mit einem gewisser Freude verbunden. Energie Cottbus hat kein Geld, aber sie sind auf dem besten Wege, auch im dritten Bundesligajahr den Klassenerhalt zu schaffen.

Nur, wer hätte daran im Dezember schon ernsthaft gedacht? „Geyer raus!“ hatten die Fans gerufen, als ihr Klub aussichtlos am Tabellenende lag. Energie war auf dem besten Wege, sein Image zu verlieren – und normal zu werden. Austauschbar. Die Zuschauer meckerten nicht mehr, sie nahmen Niederlagen hin. Als der Klub zur Weihnachtsfeier lud, war keiner da, der hingehen wollte.

Trainer Geyer, der seit knapp neun Jahren in Cottbus arbeitet, dachte damals ernsthaft daran, seinen Job hinzuschmeißen. „Vielleicht bringt ein neuer Trainer die Wende“, sagte der Cottbuser Spieler Rayk Schröder. Die Vereinsführung entschied anders: Sie verlängerte mit Geyer bis 2004. Und die Branche lächelte. Naja, so sind sie halt in der Lausitz, wurde gespottet, die alten Strukturen bei Energie würden nie aufbrechen.

Jetzt bringen die alten Strukturen Erfolg – weil sie sich selbst geändert haben. Trainer Geyer, der aufgrund seine Alters nicht unbedingt als der Experementierfreudigste gilt, hat seinen Kader umgekrempelt. Aller Tradition zum Trotz. So landete etwa der Cottbuser Torhüter und Publikumsliebling Tomislav Piplica auf der Ersatzbank. Miriuta, Akrapovic, Franklin und Feldhoff wurden nicht mehr mitgeschleift, sondern mussten gehen. Und jetzt hat es auch Paulo Rink erwischt. er wird den Verein im Sommer verlassen.

Letztlich liegt der Erfolg an Geyer. Der hat im Trainingslager in Dubai sein System auf Anraten der Spieler geändert. Seit Jahren kannte Geyer nur eine Formation, den Klassiker mit einem Libero im Abwehrbereich. In der Bundesliga spielt so niemand mehr. Seit der Rückrunde spielt nun auch Cottbus mit einer Viererkette. „Der Trainer hat eingesehen, dass das richtig war“, sagt Torwart Lenz. Dabei wurde dem Trainer bislang nachgesagt, dass er sich nie ändern würde.

Das Selbstwertgefühl beim FC Energie Cottbus, es ist wieder da, es ist zu spüren – und es ist zu lesen. „Wir sind gar nicht Letzter!“ stand gerade trotzig auf einem Flugblatt. „Wir stehen immer noch weit vor Magdeburg, Jena, Leipzig…“

André Görke

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false