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Sport: Der Fall Leipold: Das Schweigen der Funktionäre

Hintergangen fühle er sich vom Deutschen Ringer-Bund (DRB). In seiner Wortwahl ist Freistilringer Othmar Kuhner nicht eindeutig.

Hintergangen fühle er sich vom Deutschen Ringer-Bund (DRB). In seiner Wortwahl ist Freistilringer Othmar Kuhner nicht eindeutig. Er und all die anderen Olympiaringer sehen sich nach dem Fall Leipold unter Generalverdacht gestellt - und der Verband schweigt dazu. Dabei gibt es im Fall des Schifferstädter Goldmedaillengewinners einige Merkwürdigkeiten. Die Mannschaft wurde vom positiven Dopingbefund ihres Spitzenringers erst in Deutschland völlig überrascht. Zumindest Leipold wusste bereits seit dem 3. Oktober, dass er bei der Probe auffällig geworden war. Mit dem IOC schloss der ehemalige Weltmeister ein Schweigeabkommen.

So weit, so gut. Doch was wusste der Verband? Während die Ringer in Australien noch gemeinsam Urlaub machten, reisten Leipolds Trainer und Arzt fast überstürzt nach Deutschland zurück. Angeblich, um die Siegesfeier für Leipold vorzubereiten. Dessen Abreise verzögerte sich dagegen, und er konnte am 13. Oktober nicht zusammen mit dem Team zurück nach Deutschland fliegen. Ein leichter Tauchunfall hatte ihn flugunfähig gemacht. Daran zweifeln auch seine Mannschaftskameraden nicht. "Ihm war einen Tag später ziemlich schlecht und er sah auch elend aus," schildert Othmar Kuhner die Situation. Allerdings gab die missliche Angelegenheit Leipold auch die Gelegenheit, nach Genf zum IOC zu reisen. Die übrigen Kaderringer kamen inzwischen in Deutschland an und erfuhren von den Dopingvorwürfen erst durch Journalisten oder Fans. Othmar Kuhner beispielsweise wurde vom Redakteur eines privaten Rundfunksenders informiert, bei dem er eine halbe Stunde später einen Interviewtermin hatte.

Anderen ist es ähnlich ergangen. Und das verbittert die Ringer. "Das zeigt doch, wie sehr der Deutsche Ringer-Bund seinen Athleten vertraut," meint Othmar Kuhner, der sich wenigstens eine gemeinsame Sprachregelung gewünscht hätte. Doch so musste er sich generelle Vorwürfe anhören, wie etwa vom Berliner Sportarzt Willi Heepe, der in einem SWR-Interview Ringer und Gewichtheber grundsätzlich als gedopt bezeichnete. Dass ausgerechnet Leipold gedopt gewesen sein soll, will seinen Mannschaftskollegen nicht in den Kopf. "Keiner hat sich solche Sorgen gemacht wie Alex," erklärt Kuhner. Der Weltergewichtler trank nicht einmal aus dem gemeinsamen Getränkecontainer der Mannschaft. Das alles ist natürlich dem Deutschen Ringer-Bund ebenfalls bekannt. Genauso weiß die Mannschaft um den Präsidenten Hellmuth Pauli, dass Leipold in seiner mehr als zehnjährigen Karriere nie aufgefallen ist und die letzten fünf Dopingproben samt und sonders negativ waren. Zuletzt wurde das komplette Team unmittelbar vor der Abreise nach Sydney getestet. Trotzdem gibt es praktisch keine Reaktion. "Das einzige, was wir vom DRB gehört haben, war die Sperre," beklagt denn auch Leipolds Frau Juliana. Die Homepage des DRB wurde am Dienstag erst aktualisiert. Der Dopingfall findet mit keinem Wort Erwähnung.

Zumindest Leipolds Verein, der VfK Schifferstadt, bietet dem Ringer Rückendeckung. Der Gesamtvorstand sowie Ältesten- und Ehrenrat des Vereins sind nach einer Anhörung des Goldmedaillen-Gewinners davon überzeugt, "dass er nicht wissentlich verbotene Substanzen zu sich genommen hat".

Der Einzige, der von Verbandsseite bislang mit Leipold gesprochen hat, ist Bundestrainer Wolfgang Nitschke. Ansonsten herrscht Schweigen. Und das finden die anderen Athleten schon merkwürdig. "Jemand, der seit zehn Jahren für den DRB eine Medaille nach der anderen geholt hat, darf so nicht behandelt werden," meint Othmar Kuhner.

Peter Kaspar

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