zum Hauptinhalt
Verbuchtes Paar. Claudia Pechstein und Matthias Große bei der Vorstellung ihrer Autobiografie „Von Gold und Blut“.

© dpa

Eisschnelllauf: Der Fall Pechstein: Anruf vom Militärschüler

Ungeachtet der medizinischen Fakten handelt Claudia Pechstein mit ihrem Umfeld nicht immer auf einnehmende Weise. Pechstein kämpft für ihre Wahrheit, doch zwei Politiker fühlen sich von ihrem Freund bedroht.

Berlin - Von einem neuen Leben der Claudia Pechstein zu sprechen, wäre zu viel, aber auf jeden Fall nimmt die Eisschnellläuferin einen neuen Anlauf. Ein Buch hat sie veröffentlicht, in dem sie ihren ganzen Frust über ihre Dopingsperre ablässt. Im Februar läuft die Sperre aus, deshalb bereitet sie sich auf ihr Comeback vor, und einen neuen Mann hat sie auch noch an ihrer Seite, den Berliner Unternehmer Matthias Große. Der habe es mit seiner Beschützerrolle ziemlich übertrieben, finden zwei Bundestagsabgeordnete. Dagmar Freitag und Martin Gerster von der SPD haben sich sogar beim Bundesinnenministerium schriftlich über Große beschwert, weil sie sich und ihre Mitarbeiter bedroht sahen. Das Ministerium ist schließlich auch Arbeitgeber der Polizeihauptmeisterin Pechstein.

Das juristische Urteil gegen Claudia Pechstein ist längst gesprochen. Weil aber ihr Fall so kurios ist – sie wurde ohne positive Dopingprobe gesperrt – geht es bei ihr auch um ein öffentliches Urteil. Ungeachtet der medizinischen Fakten hat Pechstein mit ihrem Umfeld dabei nicht immer auf einnehmende Weise gehandelt.

Es begann unter anderem damit, dass sich ein guter Bekannter ihres Managers Ralf Grengel im norwegischen Hamar im Sommer 2009 als „Claudias Boyfriend“ ausgab und in einem Dopinglabor die Herausgabe von Pechsteins Blutwerten forderte. Eine Labormitarbeiterin rief daraufhin die Polizei. Erst spät stieß ihre Verteidigung zum Kern des Vorwurfs vor und thematisierte eine medizinische Ursache für die schwankenden Blutwerte. Und in ihrem Buch teilt Pechstein nun die Welt ein in Unterstützer und Bösewichte und nennt einen Journalisten „Hexenjäger“, einen anderen „Kahlkopf mit stechenden Augen“.

Ihr Manager Grengel, der für sie das Buch „Von Gold und Blut“ geschrieben hat, sagt: „Was Claudia Pechstein ertragen musste an Ächtung und Vorverurteilung, kann sich doch niemand vorstellen. Ihr ist mittlerweile auch egal, was bestimmte Leute über sie denken.“ Das Buch werde ohnehin von den Medien totgeschwiegen, obwohl doch die Sicht der Betroffenen so relevant sei.

Seine Klientin sei an einem entscheidenden Punkt im Regen stehen gelassen worden: „Als der international renommierte und vom Eislauf-Weltverband benannte Hämatologe Zanella bestätigt hat, dass Pechstein eine Blutanomalie hat und diese Anomalie ihre Werte erklärt. Hier verweigert sich auch die Politik einem Dialog“, sagt Grengel. Diesen Dialog suchte offenbar Pechsteins Lebensgefährte Matthias Große. Als Gesprächsversuch kamen seine Telefonate jedoch nicht bei den Bundestagsabgeordneten Gerster und Freitag an. Sondern als Bedrohung. Nachdem er Gerster nicht erreicht hatte, soll Große gesagt haben, er werde den Abgeordneten „stellen wie ein Mann und man werde sehen, wer dann noch steht“. Anlass war offenbar Gersters Frage im Sportausschuss, ob Pechstein ihren Dienst bei der Bundespolizei versieht oder krank ist. Gerster wunderte sich darüber, dass Pechstein derzeit dienstunfähig, aber dennoch in der Lage zum Hochleistungstraining ist. „Es ist meine Pflicht, nachzufragen, wie die Zukunft von Frau Pechstein aussieht und ich werde mich auch weiterhin danach erkundigen“, sagt Gerster.

Große, der in den 80er Jahren an der Militärpolitischen Hochschule in Minsk studiert hatte, entgegnet: „Ich habe nicht einmal mit den beiden Abgeordneten persönlich gesprochen, obwohl ich es mehr als 30 Mal probiert habe. Aber womit soll ich denn einem Herrn Gerster oder einer Frau Freitag drohen?“ Den von Gerster zitierten Satz hat er anders in Erinnerung: Er habe gesagt, „dass ich Herrn Gerster irgendwann stellen werde und wir dann nach einem klaren und offenen Gespräch sehen werden, was von seinen menschenverachtenden Aussagen noch stehen bleibt.“

Für Dagmar Freitag ist der Fall inzwischen erledigt. „Frau Pechstein sollte nur darauf drängen, dass solche Anrufe unterbleiben“, sagt die Vorsitzende des Sportausschusses.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false