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Sport: Der Fan muss warten

Benedikt Voigt über die Kapitulation des Fußballs vor dem Fernsehen Seit Helmut Kohl nicht mehr im Bundeskanzleramt zu finden ist, gibt es in diesem Lande nicht mehr viele Konstanten. Vielleicht drei: Bayern wählen CSU, ins Bier kommen nur Hopfen, Malz und Wasser, und die Tagesschau beginnt um 20 Uhr.

Benedikt Voigt über die Kapitulation des Fußballs vor dem Fernsehen

Seit Helmut Kohl nicht mehr im Bundeskanzleramt zu finden ist, gibt es in diesem Lande nicht mehr viele Konstanten. Vielleicht drei: Bayern wählen CSU, ins Bier kommen nur Hopfen, Malz und Wasser, und die Tagesschau beginnt um 20 Uhr. Wer jedoch gestern zur gewohnten Zeit den Fernseher einschaltete, bekam gerade noch die Wettervorhersage mit. Oder ein Interview mit dem Fußballspieler Fredi Bobic. Die Tagesschau war kurzfristig um eine Viertelstunde nach vorne verlegt worden. Die ARD hatte erst einige Stunden vor dem Anpfiff entschieden, das auf 19 Uhr angesetzte Pokalspiel Bayern München gegen Hannover 96 live zu übertragen.

Das hatte Folgen, nicht nur für die Tagesschau. Das Spiel Schalke gegen Mönchengladbach, das nach dem BayernSpiel angepfiffen wurde und das der Sender ohnehin live übertragen wollte, wurde mal schnell von 20.30 Uhr um eine Viertelstunde nach hinten gelegt. So überschnitt es sich nicht mit dem Bayern-Spiel und konnte ebenfalls komplett gesendet werden. Schön für die Fußballfreunde vor dem Fernseher. Schlecht für die Fans im Stadion. Die nämlich mussten eine Viertelstunde in der Arena Auf Schalke warten, um ihr Spiel zu sehen. Auch kamen sie eine Viertelstunde später zurück nach Hause. Der Leverkusener Finanzmanager Wolfgang Holzhäuser fand den kurzfristigen Eingriff in die Terminplanung nicht gut. „Dass andere Spiele einfach verlegt und die beteiligten Vereine davon nicht einmal informiert und vor vollendete Tatsachen gestellt werden, halte ich für eine Sauerei.“ Auch fürchtete er, dass potenzielle Stadionbesucher zu Hause bleiben würden, um das Bayern-Spiel zu sehen.

Doch da können Fans klagen und Finanzmanager schimpfen. Wenn das Fernsehen befiehlt, gehorcht der Fußball. Das gilt für die Saison nach der Kirch-Krise mehr denn je. Vereine und Verband sind froh, wenn es noch Fernsehgelder zu verdienen gibt. Dafür lassen sie sogar die Fans stehen. Und warten.

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