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Sport: Der fliegende Papst

Die Verehrung von Adam Malysz nimmt in Polen überhand

Berlin . In Polen wird er fast wie ein Heiliger vergöttert. Vor dem Zaun seines Anwesens in Wisla geht es mitunter zu wie in den Wallfahrtsstätten von Wadowice, wo der Papst geboren ist, oder Czestochowa, wo die Schwarze Madonna steht. Mit Bussen reisen die Polen inzwischen zu seinem Haus. Adam Malysz ist im katholischen Polen ein Heiliger, wenn auch ein weltlicher. Und kommt er bei seinen Sprüngen über die Schanzen dieser Welt dem Himmel nicht auch sehr nahe?

Auch im ersten Weltcupspringen des Winters in Kuusamo flog der Pole so weit wie fast kein anderer. Nur der Finne Matti Hautamäkki konnte ihn bezwingen, Sven Hannawald landete auf Platz fünf. Niemand sprang in den letzten Jahren so beständig wie der Pole. Dreimal in Folge gewann der 25-Jährige den Weltcup, auch in diesem Jahr zählt er zu den Favoriten auf den Gesamtsieg. Malysz sagt: „Mein Hauptziel ist der Gesamt-Weltcup, den möchte ich zum vierten Male hintereinander gewinnen.“ Was einmalig wäre.

Doch der sportliche Erfolg hat auch einen Nachteil. „Es macht keinen Spaß mehr in der Öffentlichkeit“, sagt Malysz. Überall in Polen wird er sofort von Fans umringt, wenn er auftaucht. Inzwischen geht er am liebsten im Ausland einkaufen oder macht dort Urlaub. „In Österreich oder Deutschland erkennt mich kaum einer“, sagt Malysz. „Deutschland hat so viele berühmte Sportgrößen, da interessiert sich kaum einer für Adam Malysz.“ Im Sommer urlaubte er ein paar Tage in Südtirol.

Der mehrfache Sportler des Jahres in Polen ist trotz des Trubels unkompliziert geblieben. Trotz seiner 24 Einzel-Weltcupsiege und zweier Vierschanzen-Tournee-Erfolge. Gegen die Summen, die beispielsweise bei den deutschen Skisprunggrößen Sven Hannawald oder Martin Schmitt aufs Konto fließen, sind seine Einkünfte eher bescheiden: Wie jeder polnische Olympiakandidat erhält er monatlich 900 Euro. 11000 Euro überwies ihm für seine beiden jüngsten Triumphe im Februar bei der Weltmeisterschaft in Predazzo das Ministerium für Nationale Erziehung und Sport. Was Adam Malysz, der von dem Österreicher Edi Federer gemanagt wird, von Sponsoren kassiert, ist unbekannt. Ein Zloty-Millionär aber ist er auf jeden Fall jetzt schon.

Das hat Begierden ausgelöst. Im Mai verlängerte der polnische Skiverband nicht die Verträge mit dem Psychologen Blecharz und dem Physiologie-Professor Oljd, die zu viel Geld verlangt hatten. Nun betreuen zwei andere Experten den Springerkader. Hinzu gekommen ist die Molekularbiologin Barbara Frjczek. Neuerdings wird in Wisla sogar eine Sprungschanze gebaut, die im Jahr 2005 fertig gestellt sein wird. Sie wirkt fast wie eine Kathedrale für den Heiligen.

Ernst Podeswa

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