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Sport: Der gläserne Pilot

Ein technisches Wunderwerk kreiert die transparente Formel

Von Karin Sturm

Spa-Francorchamps. Im vergangenen Jahr standen sie hier in Spa unfreiwillig im Blickpunkt, die Zeitnehmer der Formel 1: Durch ein Missverständnis mit dem Weltverband Fia – eine kurzfristige Regeländerung war der Zeitnahme nie offiziell mitgeteilt worden – , gab es in dem Rennen, das nach einem Unfall des Jaguar-Piloten Luciano Burti nach sieben Runden abgebrochen und neu gestartet worden war, einige Verwirrung. Mussten die Zeiten nun addiert werden oder nicht? Erst vier Stunden nach dem Rennen gab ein wirklich korrektes offizielles Endergebnis.

Das ist Jean Campiche, Chefzeitnehmer der Firma TGAG-Heuer, heute noch unangenehm, „auch wenn es in dem Sinne ja nun wirklich nicht unser Fehler war“. Denn generell ist das, was die Schweizer Firma seit elf Jahren als offizieller Formel-1-Zeitnehmer auf die Beine stellt, schon ein gewaltiges technisches Wunderwerk. Präzision auf die Tausendstelsekunde, gleichzeitige Zeitmessung von 22 Rennwagen, absolute Zuverlässigkeit für die Dauer von beinahe zwei Stunden, in 17 Rennen in 15 Ländern, das sind die Eckpunkte des Anforderungskatalogs, die man jedes Mal wieder erfüllen muss – mit insgesamt drei Systemen, zwei völlig von einander unabhängigen, die noch einmal durch ein drittes überwacht werden.

Das Hauptsystem besteht dabei aus Antennen, die an den drei Zwischenzeitmesspunkten (einschließlich der Start- und Ziellinie) in die Fahrbahn eingelassen sind, um die entsprechenden Geschwindigkeiten der Rennwagen zu messen. Die Antennen empfangen Signale, die von jedem Auto abgestrahlt werden. Die Signale kommen auf verschiedenen Frequenzen, so dass jedes Auto sich vom anderen unterscheidet. Alle Daten werden sofort über die Zeitmesszentrale zu den Boxen oder ins Pressezentrum übertragen. Zur Sicherheit wird das Primärsystem durch ein zweites überwacht. Sensoren im Rennstreckenbelag, die an jeder Startposition eingelassen sind, melden mit größter Genauigkeit jede unerlaubte Bewegung eines Autos vor dem Start und damit einen Frühstart.

Geheim und voll klimatisiert ist das Datenverarbeitungszentrum, wo alle Daten zusammenlaufen. Die Datensammler wissen sogar, welche Fahrer die schnellsten Reaktions- und Startzeiten haben. „Wir dürfen die Daten natürlich nicht öffentlich machen“, sagt Campiche. Die Teams haben etwas dagegen, die Konkurrenz könnte zu viel erfahren.

Hier sind die Scheiben des gläsernen Piloten beschlagen.

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