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Sport: Der Held als Praktikant

Falko Götz hat Hertha in den Europapokal geführt – einen neuen Trainer-Job hat er nicht

Von André Görke und

Michael Rosentritt

Berlin. Die Kiefern standen dicht zusammen, ein Baum neben dem anderen. Und mittendrin stand Falko Götz. Die Hölzer knackten. Hinter den Bäumen trainierten an diesem Nachmittag die Fußballprofis des VfB Stuttgart. Es war Mitte August, einen Tag vor dem Bundesligaspiel bei Hertha BSC. Falko Götz hatte die Stuttgarter schon vorher beobachtet, er kannte deren System, Taktik und Stärken. Aber nun trainierten sie quasi vor seinem Büro, gleich neben der Geschäftsstelle. Götz versteckte sich ein letztes Mal. So übel war der Unterschlupf nicht. Nur als ein paar Journalisten vorbeikamen und den Mann da im Unterholz grüßten, da wurde es Götz etwas ungemütlich. Er stieg in seinen Wagen und verschwand.

Es ist gar nicht lange so her, da hatte Falko Götz noch einen Job in der hauptstädtischen Öffentlichkeit. Er war Cheftrainer des Bundesligisten Hertha BSC. Woche für Woche riefen die Fans in den Stadien seinen n, er verteilte Autogrammkarten, und wenn er nach dem Training aus der Kabine kam, liefen die Fernsehkameras. Die Geschichte hatte einen Haken: Am 1. Juli musste Götz in der Kabine seinen Spind räumen. Huub Stevens war in Berlin angekommen, der neue Trainer. Götz war fortan Scout, Herthas Späher. Dass der Job unspektakulär werden würde, war Götz klar. Am 30. September läuft sein Vertrag aus.

Eine Frage des Wollens sei das nie gewesen, sagt Götz. „Auf der Position des Cheftrainers ist Hertha sehr gut besetzt. Ich muss jetzt den Prozess des Sich-Abnabelns einleiten.“ Frei von Emotionen wird das nicht gehen. „Kann es doch gar nicht“, sagt er. „Ich bin Berliner, habe eine starke Identifikation mit dem Verein.“ Als Kind war er Fan, später Spieler, dann Nachwuchstrainer, schließlich Koordinator für Amateure und Jugend. Im Februar 2002 löste er Jürgen Röber ab und führte die Profis in den Uefa-Cup.

Nun beginnt für Götz eine neue Phase. Er muss zu Hause sitzen und warten. Warten darauf, dass sich ein Verein meldet, „der einem jungen Trainer, der eine gute Visitenkarte abgegeben hat, ein Chance gibt“, sagt Götz. Ihm wird es nicht anders gehen, als einer Vielzahl von Trainern ohne Anstellung. Dass sein Name kürzlich in Kaiserslautern genannt wurde, oder jetzt beim Hamburger SV, mag er nicht kommentieren. „Es wird viel spekuliert, das kann ich nicht verhindern. Aber daran möchte ich mich nicht beteiligen.“ Seriöse Anfragen aber gab es nur eine. Ende März war das, als der Vorstand des Zweitligisten Eintracht Frankfurt ernsthaftes Interesse an ihm gezeigt hatte. Götz lehnte ab. „Seine Zeit wird kommen“, sagte Herthas Manager Dieter Hoeneß damals.

Es war ein netter Rat. Götz wird sich seinen Teil gedacht haben. Der 40-Jährige will jetzt erst einmal bei einem Verein hospitieren. Der Held als Praktikant. Götz will sich als Trainer weiterbilden. So hat er das schon während der Weltmeisterschaft gemacht. Götz war für ein paar Wochen in Asien und schaute sich die Methoden anderer Trainer an. „Die Reise war eine Fortbildung für mich. Wo kann ich als Trainer besser lernen als bei einer WM?", sagt Götz. In der Bundesliga ist so etwas schwieriger. Es wird kaum ein Trainer einen Konkurrenten um den Arbeitsplatz nah an die Mannschaft heranlassen. „Ich werde nur einen Verein auswählen, bei dem der Trainer außer Frage steht“, sagt Götz. Das kann auch im Ausland sein. So lange nichts klar sei, gebe es keinen Anlass, sich öffentlich zu äußern. Er habe schlechte Erfahrungen gemacht.

Götz war 1983 bei einem Auswärtsspiel des DDR-Rekordmeisters BFC Dynamo in Belgrad in den Westen geflüchtet. Dass er Fremden gegenüber eher vorsichtiger sei, komme vielleicht daher, sagt ein Trainerkollege. Intern sei er anders. Freundlich, bestimmt. Bei Hertha schätzen sie seine Qualitäten.

Am Montag wird das Arbeitsverhältnis enden. So unpassend kommt das Hertha nicht. Die Personalie Falko Götz drohte in den vergangenen Wochen zu einem Problem zu werden. Unter Huub Stevens lief es nicht gut. Die Mannschaft hatte wenig Erfolg. Sie spielte unansehnlicher als sie es noch Monate zuvor unter Götz gezeigt hatte. Dass ein Großteil der Mannschaft verletzt war, spielte für die Fans keine Rolle. Gegen Gladbach riefen die Fans in der Ostkurve seinen Namen. „Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun“, sagt Götz. Der Verein und er haben sich vor längerer Zeit darauf geeinigt, den Vertrag nicht zu verlängern.

Dienstag wird für Falko Götz ein anderes Leben beginnen. Zukunftsängste habe er keine. „Warum auch“, eine solche Phase gehöre zu diesem Berufsstand. Er will die Gelegenheit nutzen und sich „eine persönliche Datenbank“ über Spieler und Systeme anlegen. „Glauben Sie mir, ich habe schon jetzt einen sehr erfüllten Alltag.“

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