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Sport: Der indische Patient

Wie Empor Brandenburger Tor wegen eines falschen Attests ins deutsche Badminton-Finale einzog

Von Karsten Doneck, dpa

Berlin - Gab es schon einen Verdacht? Oder trieb ihn nur die Neugier, zu erfahren, was international im Badminton so los ist? Egal, Manfred Kehrberg stieß im Internet auf ein paar Ergebnisse aus Indien, die ihn stutzig machten. Und eine Kettenreaktion auslösten, an dessen Ende beim Badminton-Bundesligisten SG Empor Brandenburger Tor Jubel ausbrach. Die Mannschaft war zwar im Halbfinale um die deutsche Meisterschaft in zwei Spielen am 1. BC Bischmisheim gescheitert (4:4, 2:6), aber Kehrberg, Vorsitzender bei Empor, hatte herausgefunden, dass die Nummer eins beim Gegner, der Inder Nikhil Kanetkar, gar nicht spielberechtigt gewesen ist. Das Gericht des Deutschen Badminton-Verbandes gab in zweiter Instanz dem Berliner Klub Recht, der nun am Osterwochenende im Endspiel um die Meisterschaft gegen BC Bonn-Beuel steht. Die erste Partie findet am Karfreitag (14 Uhr, Sporthalle Samariterstraße) statt.

Ein zäher Kampf, ganz ohne Federball, war notwendig, um die SG Empor Brandenburger Tor doch noch ins Endspiel zu bringen. In der Badminton-Bundesliga gilt die Regelung, dass Spieler, die an den Play-offs teilnehmen, zuvor in mindestens neun der 14 Bundesligaspiele mitgemacht haben müssen. Dadurch soll eine Wettbewerbsverzerrung verhindert werden: Klubs können demnach nicht einfach starke Spieler verpflichten, sie aber erst zu den Play-offs aus dem Hut zaubern. Auch für diese Regel gibt es eine Ausnahme: Spieler, die nicht auf die geforderte Mindestanzahl von neun Spielen kommen, können durch ein ärztliches Attest nachweisen, dass für ihr Fehlen verletzungsbedingte Gründe vorlagen.

Der Inder Nikhil Kanetkar hatte es während der Saison nur auf sechs Einsätze für den 1. BC Bischmisheim gebracht, war aber im Dezember krank gemeldet. Gleich zwei Atteste legte er vor, beide ausgestellt von einem gewissen Dr. Atul Joshi, Arzt am Neurologischen Institut im indischen Pune. Damit war Kanetkar also im Play-off-Halbfinale gegen die SG Empor spielberechtigt. Die Sache hatte nur einen Haken: Wie Manfred Kehrberg beim Surfen im Internet entdeckte, hatte Kanetkar im Dezember vorigen Jahres, obwohl für diese Zeit krankgeschrieben, bei drei Preisgeldturnieren in Indien gespielt. Parellel dazu liefen im fernen Deutschland aber auch drei Bundesliga-Spieltage.

Kehrberg zweifelte das Attest als „Gefälligkeitsgutachten“ an, der Klub legte Protest gegen die Wertung des Halbfinals ein. In erster Instanz scheiterte die SG Empor noch. Die zuständige Stelle „hat sich die Entscheidung vielleicht etwas leicht gemacht, wohlwissend, dass jede seiner Entscheidungen in die nächste Runde geht“, sagte DBV-Vizepräsident Gerd Pigola. Die nächsthöhere Instanz, das Verbandsgericht, hob das Urteil auf, wertete die beiden Halbfinals in 8:0-Siege für die Berliner um. Ein leichtes Unwohlsein blieb bei der SG Empor zurück. Kehrberg sagt: „Am grünen Tisch zu gewinnen, ist eigentlich nichts, was uns Spaß macht und was wir wollen.“ Das soll aber die Mannschaft nun nicht daran hindern, als Außenseiter im Endspiel den Titel zu holen – auf dem ganz und gar sportlichen Weg.

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