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Unfassbar. Lilli Schwarzkopf wurde erst zu Unrecht disqualifiziert, eine knappe Stunde später durfte sich die Siebenkämpferin über Silber freuen. Foto: dapd

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Sport: Der lange Lauf nach dem Ziel

LILLI SCHWARZKOPF wird im Siebenkampf erst disqualifiziert und gewinnt nach einem Verwirrspiel doch noch Silber.

Als ob ein Siebenkampf nicht schon lang und belastend genug sei, schloss sich für Lilli Schwarzkopf auch noch ein Verwirrspiel an. Vor dem abschließenden 800-Meter-Lauf lag sie auf Platz fünf und einer auch nach Punkten guten Position, um noch nach einer Medaille zu greifen. Als der Lauf zu Ende war, stand sie trotz guter Leistung auf einmal auf Platz 28. Um dann zu guter Letzt doch mit der Silbermedaille belohnt zu werden.

Schwarzkopfs Lauf war nicht gewertet worden, sie soll auf der Bahn übergetreten sein. Das ist in der Tat ein Grund zur Disqualifikation. „Ich war erst total schockiert“, sagte sie. „Ich habe darauf gewartet, dass mein Name auf der Anzeigetafel erscheint, aber er kam nicht. Dann sagte mir die Schiedsrichterin, dass ich disqualifiziert worden sei, weil übergetreten wäre.“

Sie war einfach nur fassungslos. „Man tritt so selten im 800-Meter-Lauf über. Gerade beim Siebenkampf nicht. Und dann sollte das auch noch mir passiert sein und auch noch bei Olympischen Spielen?“

Doch es lag eine Verwechselung vor. Die Kampfrichter hatten eine andere Läuferin gemeint, nämlich die Russin Kristina Sawitskaja auf Bahn sechs und nicht Schwarzkopf auf Bahn fünf. Auch die Fernsehbilder zeigten eindeutig, dass die Russin die Bahn übertreten hatte und nicht Schwarzkopf. Doch sie musste sich noch gedulden. „Jahre, Jahre, Jahre“, so lang sei es ihr vorgekommen, bis sie endlich wieder da stand, wo sie hingehörte.

So landete Schwarzkopf wieder auf dem zweiten Platz und hat nach David Storl im Kugelstoßen zum Auftakt in London schon die zweite deutsche Leichtathletikmedaille in Silber gewonnen.

„Die Briten haben eine neue Art von Humor“, sagte Schwarzkopf und freute sich mit etwas Verzögerung über ihre erste Olympiamedaille, die erste deutsche Medaille im Siebenkampf seit Sabine Braun 1992. „Das war der Siebenkampf meines Lebens.“ Einer Sache trauerte sie allerdings etwas hinterher: „Sie haben mir die Ehrenrunde geklaut.“

Begünstigt haben dürfte die Verwirrung der ohrenbetäubende Jubel im Stadion. Denn Jessica Ennis hatte im Siebenkampf die erste britische Goldmedaille in der Leichtathletik bei diesen Olympischen Spielen gewonnen. Sie kam auf 6955 Punkte, Schwarzkopf erreichte eine neue persönliche Bestleistung von 6649 Punkten. Auf dem Siegerpodest begann Lilli Schwarzkopf dann auch allmählich zu realisieren, dass ihr diese Medaille jetzt niemand mehr wegnimmt.

Am nächsten Morgen war sie immer noch etwas mitgenommen von all den Turbulenzen. „Ich habe nur zwei Stunden geschlafen.“ Und Gelegenheit, mit ihren Teamkolleginnen zu sprechen, hatte sie auch noch nicht. Aber sie wird einiges nachholen, Schlaf, Austausch und vielleicht auch noch irgendwo eine Ehrenrunde.

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