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Sport: Der Marktwert spricht gegen Werder

Und Geld schießt doch Tore: Warum Bremen nicht Meister wird, sondern wieder Bayern – eine wirtschaftliche Prognose

Die Fußball-Bundesliga hat – endlich – wieder begonnen. Und wieder stellt sich die Frage: Wer wird Meister? Diese Frage ist im modernen Fußball, der weltweit kommerzialisiert ist, vielleicht einfacher zu beantworten, als das der Sportfan möchte, der natürlich an Unberechenbarkeit glaubt und sich an überraschenden Ergebnissen erfreut. Während man früher sagte „Geld schießt keine Tore“ (die zusammengekaufte Mannschaft von Werder Bremen, die in den 70er Jahren kläglich scheiterte, ist ein Musterbeispiel für erfahrene Fans), gilt das heute nicht mehr. Finanzstarke Vereine investieren über Jahre hinweg klug und haben am Ende Erfolg, da sie einen leistungsstarken und ausgeglichenen Kader haben. Der Marktwert spricht auch in dieser Saison wieder eindeutig für Bayern München und gegen Werder Bremen.

Mit der „Marktwert-Methode“ haben wir im Tagesspiegel den Gewinner der Fußball-WM zutreffend prognostiziert. Das italienische WM-Aufgebot lag vor Beginn der WM mit 378 Millionen Euro Marktwert in Front, relativ dicht gefolgt von Brasilien (366 Millionen). Danach kamen schon mit einigem Abstand zur Spitze England und Spanien. Die folgenden Teams hatten deutlich niedrigere Marktwerte: Frankreich, Portugal, Argentinien und die Niederlande. An neunter Stelle folgte das Aufgebot des Deutschen Fußball-Bundes mit nur der Hälfte des Wertes der Italiener (179 Millionen); auf Platz 10 lag schließlich Tschechien.

Dass Geld doch Tore schießt, das heißt die Qualität der Einzelspieler am Ende die entscheidende Rolle spielt, konnte man im Halbfinale Italien – Deutschland gut beobachten: Während alle Deutschen an ihrer persönlichen Leistungsgrenze spielten und nichts mehr zuzusetzen hatten, wurde das Spiel in der 118. Minute durch einen genialen Pass von Andrea Pirlo entschieden. Die Italiener hatten einfach mehr Spieler mit hohem Potenzial in ihrem Kader. Daran sind auch die Franzosen im Finale gescheitert.

Die Marktwert-Methode hat nicht nur den Weltmeister richtig vorausgesagt, sondern auch die Teilnehmer am Viertelfinale wurden damit recht gut prognostiziert: Von den acht Viertelfinalisten standen sechs auf der Marktwert-Liste der ersten acht. Und bezieht man die ersten zehn der Marktwerte ein, so haben von denen sieben das Viertelfinale erreicht. Im Halbfinale hat der Marktwert drei von vier Mannschaften richtig vorausgesagt – die Ausnahme war das deutsche Team, das seinen Heimvorteil ausnutzen konnte.

Nun kann man sich über den genauen Marktwert zwar beliebig lange streiten. Denn er ist ja nur dann halbwegs beobachtbar ist, wenn tatsächlich ein Transfer erfolgt. Aber Fachleute kennen die Marktwerte recht gut. Laut www.transfermarkt.de, eine nach Ansicht führender Sportökonomen seriöse Quelle, ergibt sich für die Bundesliga folgendes Bild:

Meister wird der FC Bayern, dessen Mannschaft 165 Millionen Euro wert ist (also fast so viel wie die DFB-Auswahl vor Beginn der WM). Dann kommt Werder Bremen, das mit 140 Millionen eine recht deutliche Lücke zu den Bayern aufweist; ein großer Teil des Wertes der Werder-Mannschaft geht zudem auf einen einzigen Spieler zurück: Miroslav Klose mit 30 Millionen Euro. Immerhin hat der Mertesacker-Transfer Bremen kurz vor Saisonbeginn 7 Millionen näher an die Bayern gebracht. Keine Chance gegen die beiden Spitzenteams hat demnach der Hamburger SV mit 100 Millionen Marktwert.

Am Tabellenende sind die Unterschiede in den Marktwerten der Teams im Vergleich zu den Unterschieden an der Spitze winzig: den Letzten, Energie Cottbus, trennen mit 16 Millionen Marktwert nur knapp 15 Millionen vom Fünftletzten, Arminia Bielefeld. Entsprechend spannend wird in dieser Saison der Abstiegskampf werden.

Jürgen Gerhards ist Professor für Soziologie an der FU Berlin und Forschungsprofessor am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin); Gert G. Wagner ist Professor für Empirische Wirtschaftsforschung an der TU Berlin und Forschungsdirektor am DIW Berlin.

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