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Sport: Der Medienexperte Josef Hackforth über ein mögliches Ende der Dominanz im Fernsehen

Die Fernseh-Zukunft des deutschen Fußballs entscheidet sich bei der Europameisterschaft 2000 in den Niederlanden und Belgien. Sollte die Nationalmannschaft von Teamchef Erich Ribbeck frühzeitig auf der Strecke bleiben, droht dem Fußball das Ende der Dominanz auf den Fernsehschirmen.

Die Fernseh-Zukunft des deutschen Fußballs entscheidet sich bei der Europameisterschaft 2000 in den Niederlanden und Belgien. Sollte die Nationalmannschaft von Teamchef Erich Ribbeck frühzeitig auf der Strecke bleiben, droht dem Fußball das Ende der Dominanz auf den Fernsehschirmen. "Wenn die EM für die Nationalelf so unbefriedigend verläuft wie die WM 1998, dann sehe ich eine starke Desillusionierung für Marktanteile und Sehbeteiligung. Wir sehen schon momentan, dass sich auch die Champions League nicht mehr trägt, die Bundesliga auch nicht mehr", sagt der Kölner Medienexperte Professor Dr. Josef Hackforth im Gespräch mit dem Sport-Informations-Dienst (sid).

Es habe sich schon im letzten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts gezeigt, "dass auch die Marke Fußball anfällig ist, zumindest dann, wenn sie überproportional häufig im Free-TV angeboten wird. Man ist dabei, mit dem Fußball eine Marke, einen Markenartikel, kaputtzumachen", warnt Hackforth und fordert die Programmverantwortlichen auf, für "Verknappung und für unterschiedliche Verwertungsformen in Free- und Pay-TV zu sorgen, um den Wert des Fußballs zu erhalten. Wir machen die Erfahrung, dass in der Formel 1 und im Boxen höhere Einschaltquoten erzielt werden als im Fußball." Hackforth, der die Szene seit Jahren beobachtet, votiert für den Abschied des fernsehtechnischen Aufblähens von Ereignissen. Hackforth: "Die Höhepunkte müssen publizistisch unterschiedlich verwertet und vermarktet werden." Trotz kritischer Entwicklung erwartet aber auch Hackforth eine Verteuerung der Übertragungsrechte für die Bundesliga der Zukunft: "Die Zahlen bewegen sich zwischen 300 und 700 Millionen Mark pro Saison, der eine Wert ist zu niedrig, der andere zu hoch."

Dass die Rechte den Mediengiganten Rupert Murdoch und Leo Kirch zugesprochen werden, sieht Hackforth als wahrscheinlich an: "Es entwickelt sich eine harte Konkurrenz zwischen Murdoch und Kirch auf der einen, Bertelsmann und Ufa in Kooperation mit den öffentlich-rechtlichen Anbietern auf der anderen Seite. Ich sehe größere Chancen für Murdoch und Kirch, weil deren Verwertungsketten größer sind."

Vernetzung und Verwertungsketten sind für den Leiter des Instituts für Sportpublizistik der Deutschen Sporthochschule Köln die Schlagworte der zukünftigen Medienentwicklung. "Die einzelnen Medientypen werden stärker als bisher zusammenwachsen, es wird eine große Vernetzung stattfinden. Der Endpunkt der Vernetzung ist das sogenannte Web-TV. In diesem elektronischen Kiosk hat man neben etwa 150 Programmen auch Möglichkeiten der Informationssuche, der Abfrage aus Datenbanken. Wir müssen uns von der Vorstellung des traditionellen Fernsehens verabschieden."

Ob das Skispringen zu einer ernsthaften Konkurrenz für den Fußball wird, lässt Hackforth offen: "Im Fernsehen werden sich immer nur ganz wenige Sportarten durchsetzen. Früher waren das Tennis und Fußball, dann kamen Boxen mit Henry Maske und Formel 1 mit Michael Schumacher, nun kommt Martin Schmitt mit dem Skispringen. Immer, wenn Nationalhelden geboren werden, ist das öffentliche Interesse wie das der werbetreibenden Wirtschaft und des Fernsehens groß." Die Chancen für die übrigen Sportarten würden immer geringer. Trotz aller Konzentration auf das Leitmedium Fernsehen werden die Printmedien Hackforths Überzeugung nach ihren Stellenwert behalten: "Wenn sie sich noch eleganter auf den elektronischen Kiosk einstellen. Das Angebot der Printmedien muss sich unterscheiden vom elektronischen Angebot. Sollten die Zeitungen weiter auf Boulevardisierung setzen wie das Fernsehen, werden sie Probleme bekommen."

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