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Sport: Der Rennzirkus zieht weiter

Der Formel 1 stehen weitreichende Reformen bevor: Neue Strecken in Asien sollen alte europäische Standorte ersetzen

Von Christian Hönicke

„Das Rennen bleibt im Kalender, solange ich lebe.“ Das sagt Formel-1-Chef Bernie Ecclestone zum Großen Preis der USA, der am Sonntag zum dritten Mal in Indianapolis stattfand. Doch weil immer neue Länder in die Formel 1 drängen und die Anzahl der Rennen vorerst vertraglich die derzeitigen 17 nicht überschreiten darf, wackeln andere Austragungsorte, vor allem in Europa, wo Ecclestone „zwei bis drei Rennen“ streichen will, weil 2006 EU-weit das Tabakwerbeverbot in Kraft tritt. Denn die Formel 1, die sich seit Jahrzehnten fast ausschließlich durch Sponsoren aus der Zigarettenindustrie finanziert hat, will ihre treuesten Geldgeber nicht verprellen. Wer muss sich also ernsthaft Sorgen um seinen Grand Prix machen, und wer bleibt auf jeden Fall im Kalender?

Langfristig gesichert

Australien. Das Rennen in Melbourne ist vertraglich bis 2010 abgesichert.

Malaysia. Die Strecke in Sepang ist erst seit drei Jahren im Kalender und wird es bis mindestens 2010 auch bleiben.

Brasilien. Interlagos ist wie fast alle außereuropäischen Rennen nicht gefährdet.

Monaco. So lange der oft vorhergesagte katastrophale Unfall ausbleibt, ist die Formel 1 ohne Monte Carlo nicht vorstellbar. Wenn jedoch tatsächlich etwas passieren sollte, wird es dort nie mehr ein Rennen geben.

Kanada. Montreal ist nicht gefährdet.

Großbritannien. Nach Organisationsmängeln in der Vergangenheit wollte Ecclestone schon dieses Jahr von Silverstone zur ehemaligen Formel-1-Strecke von Brands Hatch wechseln. Doch wegen der nahen Ortschaft dürfen dort keine lauten Formel-1-Rennen mehr stattfinden. Also bekam der Kurs in Silverstone, der für 2003 verändert wird, einen neuen Zehn-Jahresvertrag.

Deutschland. Nachdem der Hockenheimring auf Ecclestones Geheiß modernisiert wurde, ist die Zukunft bis 2008 gesichert. Es gibt eine Option für fünf weitere Jahre.

Italien. Monzas Vertrag läuft bis 2011.

Japan. Suzuka hat einen Vertrag bis 2006. Gefahr droht aus dem eigenen Land. Der Kurs in Fuji wird vom deutschen Architekten Hermann Tilke umgebaut. Die Strecke in Suzuka gehört Honda, die in Fuji Toyota.

Vorläufig gesichert

Spanien. Barcelona hat noch bis 2006 einen Vertrag als Formel-1-Kurs, wird jedoch wohl auch danach Rennen austragen. So hat Hermann Tilke einen Sieben-Jahresplan aufgestellt, um die Strecke zu verbessern.

Österreich. Wegen finanzieller Verluste wollte Ecclestone den A1-Ring dieses Jahr aus dem Programm werfen. Das Bundesland Steiermark erklärte sich aber dazu bereit, die Rennen künftig selbst zu veranstalten und das Risiko zu tragen. Als Belohnung bleibt Österreich bis 2006 im Kalender.

Frankreich. Magny-Cours wird fürs nächste Jahr umgebaut. Nachteil ist die öde Umgebung. Bis 2004 läuft der Vertrag noch, dann wird sich Ecclestone wohl von Magny-Cours verabschieden. Eine Streichung des französischen Grand Prix droht aber nicht, allerdings wird er wohl auf einer anderen Strecke ausgetragen. Der Kurs in Le Castellet wurde erst kürzlich wieder Formel-1-tauglich gemacht. Sein größter Vorteil ist sein Besitzer: Bernie Ecclestone.

Ungarn. Der Hungaroring sorgt selten für spannende Rennen. Trotzdem bleibt er bis 2006 im Programm. Wenn es dann ein Rennen in Moskau gibt, wird Budapest für Ecclestone wohl nicht mehr interessant sein.

Unsicher

San Marino. Der Vertrag mit Imola wurde erst vor kurzem bis zum Jahr 2006 verlängert. Allerdings ist der Kurs neben Monza der zweite Austragungsort auf italienischem Boden (der San Marino wird benutzt, weil es offiziell nicht mehr als ein Rennen pro Land geben darf). Langfristig wird sich Imola deshalb kaum halten können, da es laut Ecclestone keinen Sinn macht, „wenn andere Länder ihren Grand Prix verlieren und in Italien oder Deutschland jeweils zwei stattfinden“.

Europa. Der Nürburgring, neben Hockenheim zweiter Austragungsort für ein Rennen in Deutschland, ist wie Imola stark gefährdet. Der Vertrag läuft 2004 aus – zu einem Zeitpunkt, wo alte Standorte weichen müssen. Und den Großen Preis von Deutschland hat sich Hockenheim bis 2008 gesichert.

Belgien. In Belgien soll das Tabakwerbeverbot schon im August 2003 eingeführt werden. Damit wird es schwierig, einen Sponsor für Spa zu finden. Ecclestone denkt „sehr ernsthaft“ an eine Streichung. Mit einer Verlegung des Termins vom August in den Juli könnte man das Werbeverbot im nächsten Jahr noch einmal umgehen.

Die Kandidaten

Bahrain. Als erster Bewerber erhielt das Emirat den Zuschlag. Ab 2004 werden auf dem Bahrain International Circuit nahe Manama Formel-1-Rennen ausgetragen. Die 5,4 Kilometer lange Strecke wurde von Tilke entworfen und wird gerade gebaut.

China. Im Nordwesten von Schanghai soll Tilke eine neue Strecke bauen. Bis 2004 will man bereit sein, die Formel 1 zu empfangen, wahrscheinlicher ist aber, dass 2006 das erste Rennen in China stattfindet.

Russland. Eigentlich sollte längst in Moskau gefahren werden. Doch noch gibt es keinen Vertrag. Auf der für die Strecke ausersehenen Halbinsel Nagatino werden Wohnhäuser gebaut. Und der andere Standort nahe des Scheremitjewo-Flughafens passt Moskaus Bürgermeister Luschkow nicht, weil er außerhalb der Stadt liegt. Außerdem stört Luschkow sich an 150 Millionen Dollar Kosten. Bis 2004 wird es also keinen Grand Prix in Russland geben. Sicherheitshalber hat sich nun St. Petersburg ins Gespräch gebracht.

Türkei. Momentan gibt es keine Rennstrecke in der Türkei. Von der Regierung wurden aber drei Orte für einen Neubau vorgeschlagen, die sich Ecclestone schon angesehen hat. Irgendwann wird der Grand Prix wohl auch hier Station machen, das dürfte jedoch noch eine Weile dauern.

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