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Sport: „Der Uefa-Cup ist für uns Pflicht“

Herthas Kapitän Preetz fordert Aggressivität gegen Bayern und versucht, seine letzten Spiele zu genießen

Herr Preetz, woran werden Sie denken, wenn Sie heute zum letzten Mal gegen Bayern München Ihre Fußballschuhe schnüren?

Auf jeden Fall daran, dass wir unbedingt die drei Punkte hier in Berlin behalten wollen, um einen Platz im UefaCup zu festigen.

Denken Sie denn gar nicht ans Genießen. Vor nicht allzu langer Zeit haben Sie gesagt, dass Sie die letzten Spiele Ihrer Karriere genießen wollen.

Richtig. Das gelingt mal mehr und mal weniger. Jeder kann sich vorstellen, dass ich das Spiel in Bremen nicht so sehr genossen habe, weil wir schlecht gespielt und verloren haben. Aber natürlich geht es für mich auch darum, die Intensität der Erlebnisse wahrzunehmen. Ich erlebe alles bewusster, jedes einzelne Spiel und vor allem jetzt nach hinten raus, wo ich nicht mehr so viele Spiele habe, nehme ich die Eindrücke viel extremer wahr. Auf der anderen Seite versuche ich aber, die Konzentration auf das Wesentliche hochzuhalten.

Herthas Manager Dieter Hoeneß hatte vor dem Spiel in Bremen von vier Endspielen gesprochen. Ein Endspiel ist verloren gegangen. Was muss sich ändern im Spiel gegen Bayern?

Gegen die Bayern müssen wir anders auftreten. Und das werden wir auch tun. In Bremen war es ja phasenweise so, dass wir nicht einhundertprozentig da waren. Das muss anders werden.

Wie geht das?

Wir haben gerade in den vergangenen Heimspielen gezeigt, dass wir als Mannschaft konzentriert und engagiert arbeiten können. Wir müssen einfach aggressiver auftreten. Wir müssen gleich zu Beginn, in den ersten Aktionen des Spiels, den Bayern zeigen, dass es für sie ganz schwer wird, bei uns was zu holen. Wenn bei uns einige im Hinterkopf haben, dass die ja schon Meister sind, dann muss man denen dokumentieren, dass wir hier gewillt sind, alles zu tun, um die drei Punkte zu behalten.

Man mag es kaum glauben, aber Hertha kann immer noch die Champions League erreichen.

Ich beschäftige mich in erster Linie damit, die Spiele zu gewinnen. Bevor du die Champions League erreichst, muss du den Uefa-Pokal-Platz sichern. Dafür brauchen wir Punkte. Und wenn man dann wie der VfB Stuttgart in einer Situation ist, in der man den Uefa-Pokal-Platz sicher hat, dann ist doch klar, dass wir auch nach mehr greifen. Aber das brauchen wir nicht machen, bevor wir das eine nicht geschafft haben.

Fühlen Sie sich an die Saison 1998/99 erinnert, als Hertha erst in den beiden letzten Saisonspielen die Champions League erreicht hat?

Was sollen wir jetzt von der Champions League reden, und am Ende gewinnst du kein Spiel mehr? Vielleicht bist du nicht mal im Uefa-Pokal vertreten? Man muss die Tabelle schon so lesen und deuten, wie sie ist.

Wie deuten Sie sie denn?

Es ist noch alles drin – ich meine wirklich alles. Okay, wir können nicht mehr absteigen, aber sonst? Das sagt doch alles. Von Platz zwei oder drei bis aber auch ganz rauszufallen. Es ist unsere Pflicht, dass wir das, was wir aus eigener Kraft verteidigen können, also einen Platz im Uefa-Pokal, erst mal sichern.

Ist es ein Fehler, das Ziel Champions League klar auszugeben und offensiv anzugehen?

Ich weiß nicht, ob das ein Widerspruch in sich ist? Unser Ziel vor der Saison war die Teilnahme an einem internationalen Wettbewerb. Das schließt die Champions League mit ein. Aber die Situation in der Tabelle ist nun mal die, dass es selbst mit einem Uefa-Pokal-Platz noch ganz eng werden kann.

Inwiefern stellt denn ein erneutes Erreichen des Uefa-Cups eine Weiterentwicklung dar?

Das ist eine Entwicklung hin auf dem Weg, die Mannschaft in der internationalen Spitzenklasse zu etablieren. Das ist ja nicht selbstverständlich. Das hat in den vergangenen vier Jahren außer uns nur der FC Bayern geschafft. Gemessen daran, dass wir erst ein paar Jahre wieder in der Bundesliga dabei sind, halte ich das für eine bemerkenswerte Entwicklung. Es ist nicht immer nur Fortschritt, wenn man in der Tabelle weiter nach oben kommt, sondern auch, wenn man Erreichtes auf hohem Niveau bestätigt. Ich wehre mich vehement dagegen, dass das als Stagnation oder gar Rückschritt ausgelegt wird.

Nun ist aber sowohl der materielle als auch ideelle Gewinn für Hertha durch eine dreimalige Teilnahme am Uefa-Pokal recht überschaubar ausgefallen.

Dass wir in diesem Jahr ganz bitter ausgeschieden sind, das ist lang und breit besprochen worden. Aber auch diese Erfahrung hat die Mannschaft ein Stück weitergebracht.

Ein Ausscheiden als Gewinn?

Freiwillig sind wir nicht ausgeschieden. Du musst erst mal die ersten drei Runden überstehen, um dann noch dabei zu sein, wenn es um was geht. Natürlich weiß das jeder. Es aber selbst zu erfahren, macht den Gewinn aus. Jede Erfahrung dieser Art kann man den Spielern nicht mehr nehmen. Erlebtes bringt dich weiter. Außerdem denke ich schon, dass man sich über den Uefa-Pokal in Europa einen Namen machen kann.

In wenigen Wochen werden einige wichtige Köpfe die Mannschaft verlassen. Unter anderen Sie. Was glauben Sie, wer wird zukünftig die Mannschaft führen, wer kann ihre starke Stimme sein?

Dadurch, dass Spieler aufhören, werden Plätze frei. Andere werden also nachrücken. Ich glaube, dass das ein normaler Prozess ist, und ich glaube auch, dass wir einige Spieler haben, die die Möglichkeiten haben. Letztlich geht es in erster Linie über die sportliche Leistung, um in eine solche zentrale Position hineinzustoßen. Bei uns haben Spieler das Potenzial dafür, die entstehenden Lücken auszufüllen. Das geht nicht über Nacht, aber es geht schon.

Das Gespräch führte Michael Rosentritt .

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