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Sport: Der Verhandlungsmeister

Geht er? Bleibt er? Oder hat er Manchester schon zugesagt? Michael Ballack pokert um einen neuen Vertrag

Die Nachricht löste Unruhe aus, nicht nur in München. Michael Ballack werde den FC Bayern nach der Fußball-WM 2006 in Richtung Manchester United verlassen, berichtete gestern die englische Zeitung „The Guardian“. Demnach seien sich der Kapitän der deutschen Nationalelf und der Premier-League-Klub bereits über einen Vorvertrag einig, der im Januar unterzeichnet werde. Bis dahin hätten Manchesters Trainer Sir Alex Ferguson und Vorstandschef David Gill ein „Gentleman’s Agreement“ mit Ballacks Beratern, wonach der englische Verein als erster Ballack verpflichten dürfe. Der Vertrag des Mittelfeldspielers läuft 2006 aus. Er könnte ablösefrei wechseln.

Ist der beste deutsche Fußballer also schon auf dem Absprung ins Ausland? Heute will Ballack in München vor die Presse treten. Ob er sich zu dem Transfer-Wirrwarr äußern wird, ist offen. Ballacks Berater Michael Becker beeilte sich gestern, angesichts der laufenden Verhandlungen mit den Münchnern, die Meldungen aus England zu dementieren. „Es gibt keinen Vorvertrag und kein Gentleman’s Agreement“, sagte Becker. „Es bleibt dabei, unser derzeit einziger Ansprechpartner ist der FC Bayern.“ Daniel Taylor, Fußballkorrespondent beim „Guardian“, sagt dagegen, er habe die Nachricht von einer „sehr zuverlässigen Quelle an der Spitze des Vereins“. United-Sprecher Phil Townsend wollte auf Nachfrage keinen Kommentar abgeben.

Manchester schien im Poker um die Dienste Ballacks schon aus dem Rennen. Noch am Montag, bei der Saisoneröffnung, erzählte Bayerns Manager Uli Hoeneß von freundschaftlichen Gesprächen mit Manchesters Vertretern. Die Engländer waren wie die Münchner vergangene Woche auf Promotion-Tour in Asien und logierten im selben Hotel. Ambitionen, dem einstigen Dauerrivalen aus der Champions League den besten Spieler zu nehmen, hätte Manchester nicht erkennen lassen. „Wir haben mit ihnen gesprochen, aber es ging nicht um Ballack“, sagte Hoeneß, „Wir haben bislang keine Anfrage bezüglich einer Verpflichtung vorliegen.“ Zu der angeblichen Vereinbarung nahmen die Münchner gestern unter Verweis auf das Dementi des Ballack-Beraters keine Stellung.

Dennoch, in England wird die Nachricht ernst genommen. Denn der 28 Jahre alte Deutsche könnte den bisherigen Mittelfeldregisseur Roy Keane ersetzen. Keane könne noch ein weiteres Jahr auf höchstem Niveau spielen, hat Trainer Ferguson bereits gesagt. Eine sofortige Verpflichtung kommt nicht in Betracht. Die neuen Besitzer von Manchester United, die Brüder Glazer aus den USA, sind nicht bereit, viel Geld für einen Spieler auszugeben, der nur noch einen Vertrag bis zum kommenden Jahr besitzt. Doch das „Gentlemen’s Agreement“ ist riskant. Denn Ferguson muss warten, bis er Ballack kostenlos verpflichten kann. Andere Vereine könnten in der Zwischenzeit bessere Konditionen bieten – auch die Bayern selbst.

An Spekulationen über eine Gehaltserhöhung Ballacks wollte sich Hoeneß nicht beteiligen. „Wir reden hier ja über Beträge, die so klein nicht sind. Da wäre es unklug, Öl ins Feuer zu gießen.“ Während Aufsichtsratschef Franz Beckenbauer um zügiges Handeln bat, versicherte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge, man werde „in aller relaxten Ruhe“ weiterverhandeln. „Wir haben ein Angebot abgegeben, wir haben keinen Zeitdruck.“

Vielleicht speist sich diese Gelassenheit aus einer anderen Form des „Gentleman’s Agreement“. In Zukunft darf sich Ballack selbst vermarkten, die Bayern AG tritt ihre Werberechte ab, die sie bei seiner Verpflichtung mitgekauft hatte. Münchner Zeitungen werten das als Indiz für Ballacks Verbleib in München, denn das Zugeständnis ist mehrere Millionen Euro pro Jahr wert. So macht Ballack künftig auf eigene Rechnung Reklame – unter anderem für eine Airline, die auch Bayern-Sponsor ist. Vermutlich war es Zufall, dass Hoeneß am Montag ausgerechnet jene Fluglinie ausdrücklich lobte.

Duncan Heath, Daniel Pontzen[München]

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