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Sport: Derby der Emotionen

Heute treffen Rapid und Steaua Bukarest im Uefa-Pokal aufeinander – die Stimmung ist aufgeladen

Wer als deutscher Fußballfan das Valentin-Stanescu-Stadion besucht, der erlebt einige Überraschungen. Bei Spielen von Rapid Bukarest wird kein Bier ausgeschenkt. Vielleicht ist das auch besser so, denn eine Toilette gibt es auch nicht. Das heißt, eine Toilette gibt es schon. Die müssen sich aber mehrere tausend Zuschauer teilen. Polizisten ziehen das Dixi-Klo eine Stunde vor dem Anpfiff vor das Kassenhäuschen. Doch nicht nur deutsche Zuschauer erlebten in Rumänien Überraschungen, auch deutsche Mannschaften kamen zuletzt aus dem Staunen nicht heraus: Rapid setzte sich zuerst gegen Hertha BSC und in der nächsten Runde gegen den Hamburger SV durch. Deshalb kommt es heute im Viertelfinale des Uefa-Pokals zum Derby zwischen Steaua und Rapid Bukarest (19.30 Uhr, live im DSF).

In ganz Bukarest darf heute kein Alkohol verkauft werden. Denn es wird ohnehin ein emotional aufgeladenes Spiel. Die Rivalität zwischen den Mannschaften ist groß, die Wurzeln des Konfliktes sitzen tief. In den Jahren der Planwirtschaft wurde Steaua von der rumänischen Armee unterstützt, Rapids Führung verhielt sich politisch neutral und erhielt keinerlei Zuwendungen. Rapid wurde 1923 von Eisenbahnern gegründet, das Valentin-Stanescu-Stadion steht mitten in einem Arbeiterviertel. Auch heute bestehen noch Rivalitäten auf den Führungsebenen der Vereine. Die Eigentümer von Steaua und Rapid, die Multimillionäre Gigi Becali und George Copos, sind politische Gegner. Copos ist Vize-Ministerpräsident, Becali Vorsitzender einer nationalistischen Splitterpartei.

Die 18 000 Karten für das Spiel sind längst vergriffen, ein Großteil der Zuschauer gelangt für umgerechnet zwei Euro in das Stadion. Die Fans von Rapid sind bekannt für ihren Fanatismus. In dem kleinen Stadion sitzen sie nah am Spielfeldrand. Aussagen, wie die des Sportdirektors von Steaua, Mihai Stoica, tragen nicht eben zur Beruhigung der Atmosphäre bei: „Rapid und seine Anhänger, die haben Angst vor uns.“

Der Chef der Bukarester Gendarmerie, Oberst Daniel Georgescu, macht das Führungspersonal der Klubs für die aufgeheizte Stimmung verantwortlich. Er sorgt sich unter anderem wegen rassistischer Sprüche in den Fankurven. „Ganz Europa wird uns zusehen“, sagt er. Rumänien will 2007 der EU beitreten.

Die Sicherheitsmaßnahmen wurden auch deshalb akribisch geplant. Berittene Polizei, Hundestaffeln sowie mehr als 2000 Gendarmen und Polizisten sollen in und um das Rapid-Stadion im Arbeiterviertel Giulesti für Ordnung sorgen. Selbst Feuerzeuge würden bei den Eingangskontrollen einbehalten, teilte die Polizei mit. Wegen möglicher Ausschreitungen wurde das Training von Steaua Bukarest am Dienstag von der Polizei überwacht. Dabei war die Öffentlichkeit ohnehin ausgesperrt. Zwischenfälle gab es nicht.

Die sorgfältigen Schutzmaßnahmen der rumänischen Polizei genossen im Februar auch die Fans von Hertha BSC. Nach dem Ende des Spiels gegen Rapid Bukarest wurden die etwa 50 Anhänger zuerst eine halbe Stunde im Treppenaufgang des Stadions versteckt, ehe sie von Ordnungskräften auf dem Weg zum Bahnhof eskortiert wurden.

Bei allen Sicherheitsvorkehrungen für das heutige Spiel konnte die Polizei eines nicht verhindern: Offiziell wurden den Fans von Steaua Bukarest nur 1000 Karten verkauft, doch etwa 500 Fans haben Tickets auf dem Schwarzmarkt erworben. Rapid-Fans könnten direkt neben Anhängern von Steaua stehen – im Valentin-Stanescu-Stadion sitzt niemand, abgesehen von wenigen Ehrengästen. Der Rest des Publikums steht 90 Minuten lang.

Obwohl zwei deutsche Mannschaften bereits gegen Rapid ausgeschieden sind, findet das Viertelfinale mit deutscher Beteiligung statt: Schiedsrichter Wolfgang Stark leitet die Begegnung. Es wird nicht einfach für ihn, denn die Spieler und Fans von Rapid werden Gelbe Karten mit großerem Entsetzen entgegen nehmen: Neun Profis sind mit zwei Gelben Karten vorbelastet. Bei einer weiteren Gelben Karte verpassen sie das Rückspiel. Es findet in einer Woche im Nationalstadion von Bukarest statt, wo normalerweise die Nationalmannschaft spielt. Steauas Stadion befindet sich momentan im Umbau. Das Nationalstadion fasst 60 000 Zuschauer. Die Atmosphäre soll sich dort allerdings nicht so schnell aufheizen wie im Valentin-Stanescu-Stadion, weil die Tribünen weiter vom Spielfeldrand entfernt sind.

Wie hitzig die Atmosphäre im Valentin-Stanescu-Stadion werden kann, das dürfte auch die deutsche Fußball-Nationalmannschaft noch genau wissen: Im April 2004 verlor sie dort 1:5 gegen Rumänien.

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