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Sport: Deutsche National-Elf: Der Watschenmann

Da müssen wohl alle durch dieser Tage. Matthäus, Matthäus, Matthäus - kein Ende in Sicht in der Nachrichtenlage um den Senior der Nation.

Da müssen wohl alle durch dieser Tage. Matthäus, Matthäus, Matthäus - kein Ende in Sicht in der Nachrichtenlage um den Senior der Nation. Weil er doch auch kein Ende findet und Teamchef Ribbeck schon mal gar nicht. Dabei hat er nun die Chance gehabt zu einer eleganten Lösung des Problems. Die jüngsten Verlautbarungen des bestreitbaren Liberos hätten einen konsequenteren Trainer wohl auf die Zinne getrieben, von der er aus seinen Matthäus wohl nach New York zurückgejagt hätte.

Spielpraxis habe er gebraucht, sagte Matthäus, nach der heftigen Kritik an seiner schwachen Leistung gegen Rumänien. Deshalb habe er mitgespielt, trotz seiner noch nicht ganz wiederhergestellten Gesundheit. Nun ist so ein Europameisterschaftsturnier vielleicht doch nicht der rechte Ort für ein langsames Herantasten, für ein Ausprobieren und das Sammeln von Spielpraxis.

Darüber hinaus erinnert die Geschichte doch sehr deutlich an das Geschehen bei der Weltmeisterschaft 1994 in den USA. Auch damals war der seinerzeit noch wesentlich bessere Matthäus nicht fit, auch damals verschwieg er seinem Trainer, Berti Vogts, die Wahrheit über seinen Gesundheitszustand. Die Sache ging bekanntlich schief, Deutschland scheiterte an Bulgarien, und das Bündnis Vogts/Matthäus erlitt einen Bruch, der so ganz nie wieder heilte. Vogts verbannte Matthäus für die Europameisterschaft in England, holte ihn auf Druck der Boulevard-Presse für die WM in Frankreich wieder ins Team - schon damals ein unsinniger Kotau.

Ribbeck wiederholt ihn. Und scheint nicht zu merken, dass er Matthäus dabei demontiert wie noch kein Trainer zuvor. Matthäus, das hat sein alter Kumpel Franz Beckenbauer gerade noch einmal in der gebotenen Hochachtung bestätigt, ist immer noch von Ehrgeiz zerfressen. Er kann wahrscheinlich nicht anders, schadet dabei seinem Ruf, gefährdet den Ertrag einer doch großartigen Laufbahn. Erich Ribbeck lässt ihn weiterspielen, ob gesund oder nicht, gibt ihn frei zur Blamage, und am Ende zur verbalen Vernichtung.

Die Sturheit, mit der Ribbeck den Schutz des Matthäus vor Matthäus verweigert, wird von Ribbeck als Dank für die großen Verdienste des Liberos ausgelegt. Sie bewirkt das genaue Gegenteil. Weshalb der Starrsinn auch noch eine andere Motivation nahe legt: Ob es Ribbeck am Ende recht ist, dass es noch einen anderen Watschenmann gibt als ihn?

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